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Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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4. „The democratic way of life in Austria“ 398 burtstag und gratulierte ihm zu dessen „bedeutungsvolle[ r ] Arbeit für Wissen schaft und Frei heit“.1700 Kurz darauf stellte das Professorenkollegium der rechts- und staats wissen- schaftlichen Fakultät der Universität Wien  – nach persönlicher Zustimmung Kelsens ge- genüber Verdross  – den Antrag auf Ernennung zum Honorar professor des „unter den aus Österreich stammenden , noch lebenden Juristen“ zweifellos „in der ganzen Welt aner- kanntesten[ n ] Gelehrte[ n ].“1701 In der Begründung durch Verdross wurde die Ver leihung dieser höchsten Würde der Fakultät als „patriotische Pflicht“ bezeichnet , da Kelsen viel für Österreich geleistet habe und „auch im Ausland“ stets „für den Ruhm , der öster reichischen Wissenschaft“1702 eingetreten sei. Mit keinem Wort erwähnt wurde dabei allerdings Kel- sens persönlich und beruflich schwierige Situation Ende der Zwanziger jahre in Österreich , die antisemitischen Anfeindungen , die ihn geradezu gezwungen hatten , einen Ruf nach Deutschland anzunehmen. Das moralisch wieder gut zu machende „Unrecht“ hatte Kelsen quasi außerhalb Österreichs erfahren : „Diese Ehrung bedeutet zugleich eine moralische Wiedergutmachung für das von den Nazis an Kelsen begangene Unrecht , die ihn 1933 von seinem Lehrstuhl aus Köln ver trieben haben.“1703 Es ist vielleicht nicht ganz unbedeutend , dass Alfred Verdross-Droßberg die Er nennung seines Lehrers zum Honorar pro fessor , zu dem er ein amikales Verhältnis hatte , maßgeblich betrieben hatte.1704 Nachdem sich Verdross relativ früh von der rechtspositivistischen Leh- re Kelsens distanziert hatte , war es 1934 zu „ernsthaften per sönlichen Ver stimmungen“1705 rund um das erzwungene Aus scheiden Kelsens als jüdischer Heraus geber der Zeitschrift für öffentliches Recht gekommen , dessen Haupt schriftleitung nun Verdross übernahm. Nach Kriegsende versöhnte sich Kelsen aber wieder mit seinem hochgelehrten Kollegen. Anders als Kelsen hatte Verdross ein keinesfalls klares Verhältnis zum National sozia- lis mus. Nicht nur hatte er während der NS-Zeit durchgehend an der juridischen Fakul- tät gelehrt , sondern darüber hinaus einen geradezu „phönixhafte[ n ] Auf stieg“1706 machen können. Obwohl kein Mitglied der NSDAP , verhielt er sich dem National sozialis mus gegen über nicht nur wohlwollend positiv  – Verdross’ naturrechtlich orientierte Lehr- meinung fand im NS-Deutschland überaus große Verbreitung und stand mit Sicherheit 1700 Métall , Hans Kelsen , a. a. O., 82. 1701 UAW , Personalakt Hans Kelsen / 13 , Prof. Dr. Hans Kelsen , Ernennung zum Honorarprofessor , Ab- schrift der Begründung. Bundesminister Hurdes an das Dekanat der rechts- und staatswissen schaft- lichen Fakultät der Universität Wien , Zl.21287-III / 7–47 , 24. Juni 1947 , 1. 1702 Ebd., 2. 1703 Ebd. 1704 Vgl. Busch , Alfred Verdross , a. a. O., 37. 1705 Vgl. ebd., 27 f. bzw. 36. 1706 Oliver Rathkolb , Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien zwischen An- tisemitismus , Deutschnationalismus und National sozia lismus 1938 , davor und danach. In : Heiß et al. ( Hrsg. ), Willfährige Wissen schaft , a. a. O., 216.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Untertitel
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Autor
Christian H. Stifter
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
762
Schlagwörter
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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