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Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel
te Department2222 sowie der ameri kanischen Öffentlichkeit nach sich. Die Maß nahmen der
US-Besatzungsmacht und die Aktivitäten der anderen Alliierten hatten sich in den ersten
beiden Jahren der Besatzungszeit in Österreich auf Supervision der Schulein richtungen
sowie auf die Kontrolle der Medien ( Presse , Rundfunk ) oder der Verlage beschränkt und
dabei grosso modo nur weiche Propaganda betrieben , wobei weder Entnazi fizierungs- noch
Reorientierung-Maß nahmen als Agenden der US-Militärverwaltung explizit hervorgeho-
ben wurden : so findet sich darauf etwa auf den US-Plakaten kein Hinweis.2223
In jener Phase blieb es Ausnahmepolitikern wie beispielsweise Viktor Matejka2224 vor-
behalten , bei der öffentlichen Aufführung von Dokumentarfilmen über nationalsozialis-
tische Konzentrations- und Vernichtungslager in deutlichen Worten auf den Status quo
Re-education , Dipl.-Arb., Univ. Wien 2009 , 21 ff. ; weiters : Thomas Tode , KZ-Filme in Wiener Kinos.
Überlegungen zu zwei „Atrocity-Filmen“. In : Karin Moser ( Hrsg. ), Besetzte Bilder. Film , Kultur und
Propaganda in Österreich 1945–1955 , Wien 2005 , 357–373 ; weiters : Franz B. N. Suppan , Film und Kino
in Graz von 1945 bis zum Beginn der Fünfziger Jahre. In : Friedrich Bouvier / Helfried Valentinitsch
( Red. ), Graz 1945 (= Historisches Jahrbuch der Stadt Graz , Bd. 25 ), Graz 1994 , 612 f. ; vgl. weiters :
Film ankündigungs plakat / Exponat auf der Burg Schallaburg 2005 im Rahmen der Ausstellung „ ‚Öster-
reich ist frei !‘ Der Österreichische Staatsvertrag 1955“; weiters : Brigitte J. Hahn , Dokumen tarfilme im
Dienste der Umerziehung. Amerikanische Filmpolitik 1945–1953. In : Heiner Roß ( Hrsg. ), Lernen Sie
diskutieren ! Re-education durch Film. Strategien der westlichen Alliierten nach 1945 , Babelsberg 2005 ,
21 ; zuletzt siehe die Studie von Ulrike Weckel , die einen differenzierten und kritischen Blick auf die
Rezeptions- und Wirkungsweisen jener insgesamt zehn US-„Atrocity“-Filme über die Befreiung von
Konzentrations- und Vernichtungslagern wirft , mit denen die amerikanische Besatzugngsmacht die Be-
völkerung in den westlichen Besatzungszonen in Deutschland konfrontierte : Ulrike Weckel , Beschä-
mende Bilder. Deutsche Reaktionen auf alliierte Dokumentarfilme über befreite Konzentrations lager
(= Transatlantische Historische Studien – Bd. 45 ), Stuttgart 2012. Für den Literaturhinweis danke ich
meiner Kollegin Mag. Daniela Savel.
2222 Vgl. James F. Tent , Mission on the Rhine. Reeducation and Denazification in American-Occupied Ger-
many , Chicago – London 1982 , 10.
2223 Vgl. Simone Krienzer , Strategien der Propaganda im frühen Kalten Krieg. Eine Analyse aus gewählter
Plakate zum European Recovery Program der USA in Österreich 1948–1952 , Dipl.-Arb., Univ. Graz
2010 , 99.
2224 Viktor Matejka ( 1901–1993 ), bei Ludo Moritz Hartman an der Universität Wien promovierter Histori-
ker , Publizist und ab 1926 Wiener Volkshochschul-Dozent. Ab dem Jahr 1934 geschäftsführender Ob-
man der Volkshochschule Volksheim Ottakring in Wien. Nach heftigten Querelen wurde der Friedens-
aktivist , Antifaschist und „Extremdemokrat“ vom autoritären Wiener Bürgermeister Richard Schmitz
als Volkshochschulleiter enthoben. Unmittelbar nach dem „Anschluss“ 1938 wurde Matejka mit dem
ersten Transport in das KZ Dachau transportiert , wo er bis 1944 inhaftiert blieb. Nach dem Krieg avan-
cierte Matejka zum ersten – kommunistischen – Stadtrat für Kultur und Volksbildung in Wien , wo er
sich bis 1949 in beispielhafter und zugleich gänzlich unorthodoxer Art und Weise für zeitgenössische
Kunst und Literatur , d. i. für KünstlerInnen und LiteratInnen einsetzte. Zu Matejka siehe u. a. : „ ‚Volks-
bildung mach ich wo immer …‘. Viktor Matejka , 1901–1993“, Schwerpunktausgabe der Zeitschrift Spu-
rensuche. Zeitschrift für Geschichte der Erwachsenenbildung und Wissenschaftspopularsierung , 16. Jg., Heft
1–4 16. Jg., 2005.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741