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Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen
lag zur Gänze beim Department of State2543
– beträchtliche Zeit in Anspruch nahm , zeigt
sich an vielen Einzel fällen ; sogar bei hoch renom mierten US-Antragsstellern wie beispiels-
weise dem Atomphysiker Robert Oppenheimer dauerte es sechs Monate , bis das Prozedere
durch
laufen war und grünes Licht für die Visa-Erteilung gegeben wurde.2544
Hinsichtlich der Austauschstudierenden aus Österreich war das Department of State
allerdings um eine möglichst „liberale“ Handhabung der Einreisebestimmungen bemüht ,
hob jedoch hervor , dass gewisse Mindeststandards erfüllt sein sollten , damit gewährleistet
sei , dass die jungen Besucher „will be competent to follow the course of study proposed for
them and will be able derive maximum benefit from their visit to the United States.“2545
Die definitive Zulassung der StudentInnen für einen US-Auslands aufenthalt sollte jeden-
falls von der vorhergehenden Bestätigung der lokalen Autoritäten abhängig sein.
Als Leiter der USFA Education Division konzentrierte sich Samuel H. Williams in
seinen besatzungspolitischen Initiativen – obwohl er auch für den akademischen Aus-
tausch zuständig war – allerdings hauptsächlich auf Jugend aktivitäten , auf Fragen der
Schul erziehung sowie auf die Lehrerfortbildung. In einem Schreiben vom Oktober 1947
deklarierte Williams gegenüber John W. Studebaker , dem U.S. Commissioner of Educa-
tion ( U.S. Office of Education ), seine bildungspolitischen Ziele , die primär auf Reorien-
tierungs-Maßnahmen in Klassen zimmern gerichtet war :
“The rehabilitation and reconstruction of Austria’s educational system has been , up to the pre-
sent time , pretty largely concerned with the procurement of repair materials , de-Nazification ,
einer „sufficient scholastic preparation and adequate knowledge of English“ betraf dies vor allem auch
„satisfactory evidence of good character and political integrity“. The U. S. Occupation of Germany : Edu-
cational Reform 1945–1949 , Microfilm-Collection , a. a. O., 2-A–559
2543 Siehe : Ray J. Laux , Lt. Col. GSC , Executive Civil Affairs Division , 3. Dezember 1947 , 1. The U. S. Oc-
cupation of Germany : Educational Reform 1945–1949 , Microfilm-Collection , a. a. O., 2-A–356.
2544 Vgl. G. P. Lynch , Acting Executive , Civil Affairs Division , to Mr. Robert Oppenheimer , Director , The
Institute for Advanced Study Princeton , New Jersey , betreffend Professor Herbert Seiffert , Mathema-
tisches Institut , Heidelberg , 31. Dezember 17. Juni 1948 , 1. The U. S. Occupation of Germany : Educa-
tional Reform 1945–1949 , Microfilm-Collection , a. a. O., 2-A–329. Ausnahmen bestätigten aber wohl
auch hier die Regel : so wurde etwa das Ansuchen der Witwe des wegen militärischer Widerstandsakti-
vitäten in Berlin Plötzensee hingerichteten Carl Friedrich Goerdeler , Benigna Goerdeler , von höchster
Stelle aus behandelt : nach kaum zwei Monaten und Gutachten von u. a. Theodor Bäuerle und Martha
Steinmetzz wurde ihr Ansuchen um einen zweijährigen Studienaufenthalt am Briarcliff Junior College
bewilligt. Hans Speier , Acting Chief , Division of Ocupied Areas , Office of International Information
and Cultural Affairs , to Colonel Edgar E. Hume , Chief , Reorientation Branch , Civil Affairs Division ,
War Department , Washington D.C., 11. August 1947 , 1. The U. S. Occupation of Germany : Educational
Reform 1945–1949 , Micro film-Collection , a. a. O., 2-A–329.
2545 Hans Speier , Acting Chief , Division of Ocupied Areas , Office of International and Educational Ex-
change , to Colonel Edgar E. Hume , Chief , Reorientation Branch , Civil Affairs Division , War Depart-
ment , Washington D.C., 15. September 1947 , 1. The U. S. Occupation of Germany : Edu cational Reform
1945–1949 , Microfilm-Collection , a. a. O., 2-A–319.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741