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Der Kampf mit dem Dämon - Hölderlin · Kleist · Nietzsche
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Der Mythus der Dichtung Menschen haben es nicht gelehrt, Mich trieb, unendlich liebend, ein heilig Herz Unendlichem entgegen. Kein deutscher Dichter hat jemals so sehr an die Dichtung und ihren göttlichen Ursprung geglaubt wie Hölderlin. So sonderbar es klingt, dieser zarte protestantische Pfarreraspirant aus Schwaben hat eine absolute antikische Einstellung zum Unsichtbaren, zu den Mächten, er glaubt viel gläubiger an den »Vater Äther« und das waltende Schicksal als seine Altersbrüder, als Novalis und Brentano an ihren Christus: Poesie ist ihm, was jenen das Evangelium, Aufschließung der letzten Wahrheit, das trunkene Geheimnis, Hostie und Wein, das den Leib, den allzu irdischen, glühend dem Unendlichen weiht und verbindet. Selbst für Goethe ist Dichtung doch bloß ein Teil des Lebens, für Hölderlin unbedingt der Sinn des Lebens, jenem eine bloß persönliche Notwendigkeit, ihm aber überpersönliche, eine religiöse Notwendigkeit. In der Poesie erkennt er fürchtig den Atem des Göttlichen, die einzige Harmonie, in der sich der urewige Zwiespalt des Seins für selige Augenblicke löst und entspannt. Wie der Äther das Zwischenreich zwischen Himmel und Erde, so füllt die Dichtung die Kluft zwischen dem Oben und Unten des Geistes, zwischen den Göttern und den Menschen. Die Dichtung – ich wiederhole es – ist für Hölderlin nicht nur wie jenen eine musikalische Zutat des Lebens, bloß ein Schmuckhaftes am geistigen Leib der Menschheit, sondern das höchste Zweckhafte und Sinnvolle, das alles erhaltende und gestaltende Prinzip: ihr sein Leben zu weihen, darum die einzig wertvolle und würdige Opfertat. Aus dieser Größe der Anschauung allein erklärt sich die Größe von Hölderlins Heldentum. Unablässig hat Hölderlin diesen Mythus des Dichters in seinem Gedicht gebildet: und er muß nachgebildet werden, um die Leidenschaft seiner Verantwortlichkeit zu verstehen. Für ihn, den Frommgläubigen der »Mächte«, ist die Welt ganz im griechischen, im platonischen Sinne zwiegeteilt. Oben »wandeln die Himmlischen selig im Licht«, unnahbar und doch anteilnehmend. Unten wieder ruht und werkt die dumpfe Masse der Sterblichen in der sinnlosen Tretmühle täglichen Tuns: Es wandelt in Nacht, es wohnt, wie im Orkus, Ohne Göttliches unser Geschlecht. Ans eigene Treiben Sind sie geschmiedet allein, und sich in der tosenden Werkstatt Höret jeglicher nur, und viel arbeiten die Wilden 34
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Der Kampf mit dem Dämon Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Titel
Der Kampf mit dem Dämon
Untertitel
Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Autor
Stefan Zweig
Datum
1925
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
202
Schlagwörter
Literatur, Schriftsteller
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 5
  2. Teil 1 - Hölderlin 15
    1. Die heilige Schar 17
    2. Kindheit 21
    3. Bildnis in Tübingen 26
    4. Mission des Dichters 29
    5. Der Mythus der Dichtung 34
    6. Phaeton oder die Begeisterung 40
    7. Ausfahrt in die Welt 46
    8. Gefährliche Begegnung 48
    9. Diotima 56
    10. Nachtigallengesang im Dunkeln 61
    11. Hyperion 63
    12. Der Tod des Empedokles 68
    13. Das Hölderlinsche Gedicht 74
    14. Sturz ins Unendliche 81
    15. Purpurne Finsternis 87
    16. Scardanelli 91
  3. Teil 2 - Heinrich von Kleist 95
    1. Der Gejagte 97
    2. Bildnis des Bildnislosen 100
    3. Pathologie des Gefühls 103
    4. Lebensplan 111
    5. Ehrgeiz 115
    6. Der Zwang zum Drama 119
    7. Welt und Wesen 125
    8. Der Erzähler 129
    9. Die letzte Bindung 133
    10. Todesleidenschaft 136
    11. Musik des Untergangs 140
  4. Teil 3 - Friedrich Nietzsche 143
    1. Tragödie ohne Gestalten 145
    2. Doppelbildnis 149
    3. Apologie der Krankheit 153
    4. Der Don Juan der Erkenntnis 161
    5. Leidenschaft der Redlichkeit 166
    6. Wandlungen zu sich selbst 172
    7. Entdeckung des Südens 178
    8. Flucht zur Musik 185
    9. Die siebente Einsamkeit 189
    10. Der Tanz über dem Abgrund 193
    11. Der Erzieher zur Freiheit 199
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