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Der Kampf mit dem Dämon - Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Seite - 129 -
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Der Erzähler Denn das ist die Eigenschaft aller echten Form, daß der Geist augenblicklich und unmittelbar daraus hervortritt, während die mangelhafte ihn wie ein schlechter Spiegel gebunden hält und uns an nichts erinnert als an sich selbst. Brief eines Dichters an einen anderen In zwei Welten wohnt seine Seele, in der heißesten tropischesten Überhitzung der Phantasie und in der nüchternsten, kältesten Sachwelt der Analyse – zweigeteilt ist darum auch seine Kunst, jede einem andern Extrem fanatisch zugewandt. Man hat oft den Dramatiker Kleist mit dem Novellisten zusammengetan, indem man ihn nur einen verschränkten Dramatiker nannte. In Wahrheit drücken aber diese beiden Kunstformen sichtlich ein Gegenteil aus, die zu ihren äußersten Enden getriebene Zwiefalt seines innern Ich – der Dramatiker wirft sich in seinen Stoff zügellos hinein, der Erzähler Kleist vergewaltigt seine Anteilnahme, preßt sich gewaltsam zurück, bleibt ganz außen, daß kein Atem seines Mundes in die Erzählung hineinfließt. In den Dramen spannt und erhitzt er sich selbst, in den Novellen will er die andern, den Leser, spannen und erhitzen, im Drama treibt er sich vor, in der Novelle zurück. Beides, Entströmen und Verhalten, stößt er bis in die äußerste Möglichkeit der Kunst: so sind seine Dramen die subjektivsten, ausströmendsten, die eruptivsten des deutschen Theaters, seine Novellen die knappsten, gefrorensten, komprimiertesten der deutschen Epik. Immer lebt Kleistens Kunst im Superlativ. In den Novellen schaltet Kleist sein Ich aus, er unterdrückt seine Leidenschaftlichkeit, oder vielmehr: er schiebt sie auf ein anderes Geleise. Denn schon hat der fanatische Übertreiber wieder ein Übermaß: er treibt diese (sehr künstlerische) Selbstausschaltung in einen Exzeß, in ein Extrem der Objektivität, also wieder in eine Gefahr der Kunst (das Gefährliche ist sein Element). Niemals hat es die deutsche Literatur wieder zu einer so objektiven, scheinbar ruhigen Relation, zu einer solchen meisterlichen Sachlichkeit des Berichtes gebracht wie in diesen sieben Novellen und kleinen Anekdoten: vielleicht fehlt nur ein letztes lösendes Element ihrer scheinbar fehllosen Vollendung: die Natürlichkeit. Man spürt, daß hier einer die Lippen gewaltsam verpreßt, um nicht mit einem Zittern des Atems die Quallust zu verraten, mit der er hier Spannungen häuft; man spürt, wie die Hand fiebert in dem krankhaften Zwang, sich zu verhalten, wie der ganze Mensch sich gewaltsam zurückdrückt, um außen zu bleiben. Man vergleiche, dies zu 129
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Der Kampf mit dem Dämon Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Titel
Der Kampf mit dem Dämon
Untertitel
Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Autor
Stefan Zweig
Datum
1925
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
202
Schlagwörter
Literatur, Schriftsteller
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 5
  2. Teil 1 - Hölderlin 15
    1. Die heilige Schar 17
    2. Kindheit 21
    3. Bildnis in Tübingen 26
    4. Mission des Dichters 29
    5. Der Mythus der Dichtung 34
    6. Phaeton oder die Begeisterung 40
    7. Ausfahrt in die Welt 46
    8. Gefährliche Begegnung 48
    9. Diotima 56
    10. Nachtigallengesang im Dunkeln 61
    11. Hyperion 63
    12. Der Tod des Empedokles 68
    13. Das Hölderlinsche Gedicht 74
    14. Sturz ins Unendliche 81
    15. Purpurne Finsternis 87
    16. Scardanelli 91
  3. Teil 2 - Heinrich von Kleist 95
    1. Der Gejagte 97
    2. Bildnis des Bildnislosen 100
    3. Pathologie des Gefühls 103
    4. Lebensplan 111
    5. Ehrgeiz 115
    6. Der Zwang zum Drama 119
    7. Welt und Wesen 125
    8. Der Erzähler 129
    9. Die letzte Bindung 133
    10. Todesleidenschaft 136
    11. Musik des Untergangs 140
  4. Teil 3 - Friedrich Nietzsche 143
    1. Tragödie ohne Gestalten 145
    2. Doppelbildnis 149
    3. Apologie der Krankheit 153
    4. Der Don Juan der Erkenntnis 161
    5. Leidenschaft der Redlichkeit 166
    6. Wandlungen zu sich selbst 172
    7. Entdeckung des Südens 178
    8. Flucht zur Musik 185
    9. Die siebente Einsamkeit 189
    10. Der Tanz über dem Abgrund 193
    11. Der Erzieher zur Freiheit 199
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