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Der Kampf mit dem Dämon - Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Seite - 63 -
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Hyperion Weißt Du, um was Du trauerst? Es ist nicht erst seit Jahren hingeschieden, man kann so genau nicht sagen, wann es da war, wann es wegging, aber es war, es ist, in Dir ist’s. Es ist eine bessere Zeit, die suchst Du, eine schönere Welt. Diotima an Hyperion Hyperion ist Hölderlins Knabentraum von der jenseitigen Welt: »Noch ahn ich, ohne zu finden«, heißt es im ersten Fragment – ohne alle Erfahrung, ohne jede Weltkenntnis, ja selbst ohne Wissen um die Kunstformen beginnt der Ahnende sich das Leben zu erdichten, ehe er es erlebt: wie alle die Romane der anderen Romantischen, wie Heinses Ardinghello, Tiecks Sternbald, Novalis’ Ofterdingen ist sein Hyperion durchaus apriorisch, vor aller Erfahrung, nur Flucht-Welt statt der wahrhaftigen Lebenswelt, denn in schwärmend beschriebene Blätter flüchten die deutschen jungen Idealisten um die Jahrhundertwende vor der feindlichen Wirklichkeit, indes drüben jenseits des Rheins die französischen Idealisten den gleichen Meister Jean- Jacques Rousseau besser deuten. Die sind müde, ewig von der bessern Welt nur zu träumen: Robespierre zerreißt seine Gedichte, Marat seine sentimentalen Romane, Desmoulins seine Poetastereien, Napoleon seine Werther nachahmende Novelle, und nun gehen sie daran, die Welt nach ihrem Ideal umzuschaffen, indes die Deutschen sich verschwelgen in Ahnung und Musik. Sie nennen Romane, was halb Traumbuch, halb Tagebuch ihrer Empfindsamkeit ist. Sie träumen sich aus bis zur sinnlichen Erschöpfung, sie schwelgen sich empor in die edelsten Verzückungen geistiger Wollust: der Triumph Jean Pauls bedeutet den Höhepunkt und das Ende dieses bis zur Unerträglichkeit sentimentalen Romans, der vielleicht nicht so sehr Dichtung war als Musik, ein Phantasieren auf allen Saiten des hochgespannten Gefühls, ein leidenschaftliches Emporahnen der Seele in die Weltmelodie. Von allen diesen rührenden, reinen, göttlich-knabenhaften Unromanen – man verzeihe das widersinnige Wort – ist Hölderlins Hyperion der reinste, der rührendste und auch der knabenhafteste. Er hat die Hilflosigkeit des kindlichen Schwärmers und die rauschende Schwinge des Genius, er ist unwirklich bis zur Parodie und doch feierlich durch den Rhythmus dieses kühnen Schreitens ins Uferlose; man muß lange Atem holen, um aufzählen zu können, was an diesem ergreifenden Buche im Sinne der Reife mißlungen und oft gar nicht geahnt ist. Aber man habe nur den Mut (gegenüber einer einsetzenden Idolatrie Hölderlins, die ähnlich wie bei Goethe auch das 63
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Der Kampf mit dem Dämon Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Titel
Der Kampf mit dem Dämon
Untertitel
Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Autor
Stefan Zweig
Datum
1925
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
202
Schlagwörter
Literatur, Schriftsteller
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 5
  2. Teil 1 - Hölderlin 15
    1. Die heilige Schar 17
    2. Kindheit 21
    3. Bildnis in Tübingen 26
    4. Mission des Dichters 29
    5. Der Mythus der Dichtung 34
    6. Phaeton oder die Begeisterung 40
    7. Ausfahrt in die Welt 46
    8. Gefährliche Begegnung 48
    9. Diotima 56
    10. Nachtigallengesang im Dunkeln 61
    11. Hyperion 63
    12. Der Tod des Empedokles 68
    13. Das Hölderlinsche Gedicht 74
    14. Sturz ins Unendliche 81
    15. Purpurne Finsternis 87
    16. Scardanelli 91
  3. Teil 2 - Heinrich von Kleist 95
    1. Der Gejagte 97
    2. Bildnis des Bildnislosen 100
    3. Pathologie des Gefühls 103
    4. Lebensplan 111
    5. Ehrgeiz 115
    6. Der Zwang zum Drama 119
    7. Welt und Wesen 125
    8. Der Erzähler 129
    9. Die letzte Bindung 133
    10. Todesleidenschaft 136
    11. Musik des Untergangs 140
  4. Teil 3 - Friedrich Nietzsche 143
    1. Tragödie ohne Gestalten 145
    2. Doppelbildnis 149
    3. Apologie der Krankheit 153
    4. Der Don Juan der Erkenntnis 161
    5. Leidenschaft der Redlichkeit 166
    6. Wandlungen zu sich selbst 172
    7. Entdeckung des Südens 178
    8. Flucht zur Musik 185
    9. Die siebente Einsamkeit 189
    10. Der Tanz über dem Abgrund 193
    11. Der Erzieher zur Freiheit 199
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