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Der Kampf mit dem Dämon - Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Seite - 136 -
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Todesleidenschaft Das Äußerste, das Menschenkräfte leisten, Hab ich getan – Unmöglichstes versucht. Mein alles hab ich an den Wurf gesetzt. Der Würfel, der entscheidet, liegt, er liegt. Begreifen muß ichs – und, daß ich verlor. Penthesilea Auf der höchsten Höhe seiner Kunst, im Jahr des »Homburg«, erreicht Kleist verhängnisvollerweise auch die höchste Stufe seiner Einsamkeit. Nie war er weltvergessener, zielverlorener in seiner Zeit, in seiner Heimat: das Amt hat er weggeworfen, seine Zeitschrift ist ihm verboten worden, seine innere Mission, Preußen an die Seite Österreichs in den Krieg zu reißen, bleibt vergeblich. Sein Urfeind Napoleon hält Europa als gedemütigte Beute in Händen, der König von Preußen wird sein Verbündeter, nachdem er sein Vasall geworden ist, Kleistens Stücke wandern unerledigt von Bühne zu Bühne, werden verhöhnt vom Publikum oder vom Direktor lässig abgetan, seine Bücher finden keinen Verleger, er selbst nicht das niederste Amt; Goethe hat sich von ihm abgewandt, die andern kennen ihn kaum und achten ihn nicht, die Protektoren haben ihn fallenlassen, die Freunde ihn vergessen: als letzte verläßt ihn noch die Treueste, die einst so »pyladisch gesinnte Schwester« Ulrike. Jede Karte, auf die er gesetzt, ist verloren, und die letzte, die höchste, die er noch in Händen hat, das Manuskript seines Meisterwerkes »Prinz Friedrich von Homburg«, kann er nicht mehr ausspielen: er sitzt an niemandes Tisch mehr, und keiner traut seinem Einsatz. Da versucht er es noch einmal, aus monatelanger Verschollenheit auftauchend, mit der Familie: noch einmal fährt er hinüber nach Frankfurt an der Oder zu den Seinen, sich die Seele zu letzen an einer Handvoll Liebe, aber sie streuen ihm Salz in die Wunden und Galle auf die Lippen. Jene Mittagsstunde im Kreise der Kleiste, die auf den entlassenen Beamten, den verkrachten Zeitungsherausgeber, den mißglückten Dramatiker wie auf einen ihrer Familie Unwürdigen hochmütig herabblicken, bricht ihm das Rückgrat: »Wollte ich doch lieber zehnmal den Tod erleiden, als noch einmal wieder erleben«, schreibt er verzweifelt, »was ich das letztemal in Frankfurt an der Mittagstafel empfunden habe.« Er ist ausgestoßen von den Seinen, zurückgestoßen in sich selbst, in die Hölle seiner eigenen Brust: mit verdüsterter Seele, beschämt und erniedrigt bis unter die Haut, taumelt er nach Berlin zurück. Ein paar Monate schleicht er in abgetragenen Schuhen und defekten Kleidern dort herum, petitioniert in den Ämtern um ein Amt, bietet (vergeblich) seinen Roman, seinen »Homburg«, 136
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Der Kampf mit dem Dämon Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Titel
Der Kampf mit dem Dämon
Untertitel
Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Autor
Stefan Zweig
Datum
1925
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
202
Schlagwörter
Literatur, Schriftsteller
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 5
  2. Teil 1 - Hölderlin 15
    1. Die heilige Schar 17
    2. Kindheit 21
    3. Bildnis in Tübingen 26
    4. Mission des Dichters 29
    5. Der Mythus der Dichtung 34
    6. Phaeton oder die Begeisterung 40
    7. Ausfahrt in die Welt 46
    8. Gefährliche Begegnung 48
    9. Diotima 56
    10. Nachtigallengesang im Dunkeln 61
    11. Hyperion 63
    12. Der Tod des Empedokles 68
    13. Das Hölderlinsche Gedicht 74
    14. Sturz ins Unendliche 81
    15. Purpurne Finsternis 87
    16. Scardanelli 91
  3. Teil 2 - Heinrich von Kleist 95
    1. Der Gejagte 97
    2. Bildnis des Bildnislosen 100
    3. Pathologie des Gefühls 103
    4. Lebensplan 111
    5. Ehrgeiz 115
    6. Der Zwang zum Drama 119
    7. Welt und Wesen 125
    8. Der Erzähler 129
    9. Die letzte Bindung 133
    10. Todesleidenschaft 136
    11. Musik des Untergangs 140
  4. Teil 3 - Friedrich Nietzsche 143
    1. Tragödie ohne Gestalten 145
    2. Doppelbildnis 149
    3. Apologie der Krankheit 153
    4. Der Don Juan der Erkenntnis 161
    5. Leidenschaft der Redlichkeit 166
    6. Wandlungen zu sich selbst 172
    7. Entdeckung des Südens 178
    8. Flucht zur Musik 185
    9. Die siebente Einsamkeit 189
    10. Der Tanz über dem Abgrund 193
    11. Der Erzieher zur Freiheit 199
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