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Kreuzenstein - Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
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Kreuzenstein gestoßen. Erst mehrere Jahre, nachdem mit den Ar­ beiten an der Gruft und der Kapelle begonnen worden war, fiel der Entschluss zum Wiederaufbau der gesamten Anlage. Als Architekt zeichnete bis zu seinem Tod Carl Gangolf Kayser 8 ( 1837 – 1895 ), nach ihm Humbert Walcher von Molthein9 ( 1865 – 1926 ) verant­ wortlich. Gegründet auf den Resten des mittelalterlichen » Griz­ zanestein «, verstand Wilczek den Neubau dieser » mittelalter­ lichen Wunderburg «10 als freie, idealisierende Wiederherstellung des – nirgendwo bildlich dokumentierten – Zustands zur Zeit Kaiser Maximilians I. Der monumentalen Fiktion, die er dabei ins Werk setzte, war sich der Bauherr durchaus bewusst. In Wilczeks Tun werden die Spannungen der Epoche eindrucksvoll sichtbar : Die materiellen Voraussetzungen für den von finanziellen Fragen unbelasteten Bau von Kreuzenstein schuf der großangelegte Ab­ bau von Kohle auf den schlesischen Besitzungen des Grafen ; erst ein im Zuge der Industriellen Revolution entstandenes Vermö­ gen hatte also diese punktuelle Wiederherstellung der Welt des Mittel alters möglich gemacht. Was Kreuzenstein von anderen zeitgenössischen Burgenre­ konstruktionen grundlegend unterscheidet und zugleich das Erscheinungsbild wie auch die inhaltliche Konzeption der Burg maßgeblich bestimmt, ist der einzigartige Umfang mittelalter­ licher Architekturfragmente, die in den Neubau zum Ausweis seiner geborgten materiellen » Authentizität « integriert wur­ den. Der Bauherr erwarb diese Spolien zugleich mit den Objek­ ten seiner Sammlungen auf zahlreichen ausgedehnten Reisen quer durch Europa. Wurden die baulichen Fragmente Teil der Ar­ chitektur der Burg, so dienten die Objekte der umfangreichen und durch ihren Schwerpunkt auf dem Mittelalter einzigarti­ gen kunst­ und kulturgeschichtlichen Sammlungen zur Ausstat­ tung der als fiktive mittelalterliche Wohnräume inszenierten In­ terieurs, die aber nie ernsthaft bewohnt wurden. Kreuzenstein vereinigte also mehrere Funktionen und Bedeutungsebenen : Es war Mausoleum für die Familie des Bauherrn, privates Museum und schließlich ein sehr persönliches Monument, ein » kulturge­ schichtliches Wahrzeichen «11 des mittelalterlichen Rittertums. Wilczeks Unternehmung war dabei keineswegs als elitäres Pri­ vatvergnügen gedacht, das nur einem kleinen Kreis von Auser­ wählten vorbehalten sein sollte, man rechnete vielmehr mit der Rezeption durch eine breite Öffentlichkeit. Seit Beginn der Bau­ arbeiten war die Burg öffentlich zugänglich und wurde rasch zu einer Hauptsehenswürdigkeit in der Umgebung der Reichshaupt­ und Residenzstadt Wien. Auch für mediale Verbreitung und Prä­ senz wurde rechtzeitig gesorgt : In zahlreichen Fotografien, die auch als Korrespondenzkarten verkauft wurden, verbreitete 15
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Kreuzenstein Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kreuzenstein
Untertitel
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Autor
Andreas Nierhaus
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79557-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
258

Inhaltsverzeichnis

  1. Zerlegung einer Zeitmaschine 9
  2. 1 Mittelalterbilder 21
    1. Ritter – Burg 24
    2. Modernisierungen 41
    3. Die Burg im Garten 43
    4. Die Burg als Monument 48
    5. Die Burg als Zeitvertreib 56
    6. Die Burg am Ende 62
  3. 2 Eine moderne Burg 65
    1. Der Sammler 67
    2. Bauherr und Bauhütte 78
    3. Wiederaufbau 86
    4. Außenansichten 111
    5. Interieurs 129
    6. Der imaginäre Bewohner 166
    7. Frühe Besucher 171
  4. 3 Herrschaft der Dinge 173
    1. Fragmentierung und Rekonstruktion 175
    2. Objet ancien und Objet trouvé 177
    3. Alter und Authentizität 180
    4. Zerstreuung und Sammlung 183
    5. Moderne Spolien 187
  5. 4 Mediale Korrespondenzen 195
    1. Fotografie 197
    2. Heterotopie, Themenpark 201
    3. Tableau vivant, Panorama, Historienbild 205
    4. Film 211
    5. Zusammenfassung 220
    6. Anmerkungen 224
    7. Literatur 238
    8. Abbildungsnachweis 248
    9. Register 249
    10. Dank 256
    11. Inhalt
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