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Tod hinsichtlich ihres Quellenwertes problematische Fakten
sammlung zur Baugeschichte und sind ein Dokument der Sicht
des Bauherrn auf sein Werk.22 Die Sammlungen Wilczeks wur
den in einem gedruckten vierbändigen Inventar verzeichnet, das
allerdings kaum Hinweise über die Provenienz der Gegenstände
gibt.23 Besonders wertvoll sind daher Marginalien wie die hand
schriftlichen Notizen Wilczeks in einem Exemplar des 1914 er
schienenen Bildbandes über Kreuzenstein.24 Vom Bestand an
Planmaterial und Entwurfszeichnungen waren im Jahr 1979 im
Archiv der Burg noch etwa zwanzig Blätter in zum Teil äußerst
schlechtem Zustand vorhanden, die heute als verschollen gel
ten müssen.25 Der jüngst vom Niederösterreichischen Landesar
chiv erworbene, archivalisch noch nicht erschlossene Nachlass
des Architekten Kayser konnte für die vorliegenden Forschun
gen nur flüchtig durchgesehen werden ; von den zahlreichen De
tailskizzen lassen sich mehrere mit Kreuzenstein in Verbindung
bringen, dürften aber für die Planungsgeschichte kaum näheren
Aufschluss geben.26
Zur Rekonstruktion der Baugeschichte und des ursprüngli
chen Zustandes der Ausstattung sind wir also neben zeitgenössi
schen Notizen in Zeitungen und Fachblättern in erster Linie auf
jene Fotografien angewiesen, die Wilhelm Burger ( 1844 – 1920 )
vor, während und nach dem Wiederaufbau aufgenommen hat.27
Die zum Teil auf den Tag genauen Datierungen auf den origina
len Glasnegativen ( sie sind in den Abbildungsunterschriften die
ses Buches wiedergegeben ), geben zumindest einen terminus
ante quem für die Fertigstellung der jeweiligen Bauteile und In
nenäume. Zu diesem Hauptbestand kommt eine Reihe von Foto
grafien des Bauzustandes im Nachlass des Architekten Kayser, die
nicht von Burger aufgenommen wurden, sondern durch die Sig
natur mit den Initialen » JW « Hans ( Johann ) Wilczek zugeschrie
ben werden können.28
Dieser äußerst disparate Quellenbestand sollte jedoch nicht
zur Resignation Anlass geben, steht doch das Objekt der Unter
suchung, sieht man von den nicht unerheblichen Schäden und
Verlusten am Ende des Zweiten Weltkriegs, aber auch von Ver
käufen von Sammlungsobjekten ab, im Wesentlichen noch re
lativ gut erhalten vor uns. Unser Blick auf Kreuzenstein gleicht
also der Betrachtung eines archäologischen Fundstücks : Es sind
ganz wesentlich die Besonderheiten seines Erscheinungsbildes,
von denen ausgehend die auf den folgenden Seiten ausgebreite
ten Fragestellungen entwickelt wurden.
Der formal, funktional und inhaltlich ausgenommen kom
plexe Bau und seine Ausstattung werden hier erstmals aus
führlich untersucht. Es wäre allerdings vermessen, von einer
18 Zerlegung einer Zeitmaschine
Kreuzenstein
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Kreuzenstein
- Untertitel
- Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
- Autor
- Andreas Nierhaus
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79557-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 258