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Schwerpunkt legt Moser auf die Darstellung von Turnieren und
anderen repräsentativen » Ritterspielen «, die » zur Erhaltung und
Erhebung des Adels und seiner Vorrechte von größter Wichtigkeit
waren. «49 Die dabei aufgestellten Regeln dienten » säm
mtlich zur
Beförderung der Tapferkeit, der Gottesfurcht, und der Tugend, so
wie zur Erhaltung der eigenen Würde dieses Standes, der christ
lichen Religion und des ganzen Reiches. «50 Der Ritter wurde zur
zeitlich entrückten und dadurch unschwer zu verklärenden Iden
tifikationsfigur einer im Lauf des 19. Jahrhunderts auch verstärkt
von militärischen Organisationsformen geprägten ( und männlich
dominierten ) Gesellschaft.51
Burg und Ritter fanden zu jener Zeit auch Eingang in die Kin
der und Jugendbuchliteratur. Der Pädagoge Leopold Chimani
etwa publizierte im Jahr 1821 » Das Ritterthum. Eine Sammlung
lehrreicher und rührender Erzählungen aus dem Mittelalter «.52
Zwanzig Jahre später schildert er in seinem aufwändig illustrier
ten » Portefeuille des Wißbegierigen « von 1841 ausführlich den
Werdegang eines Ritters von Kindesbeinen an, der so zum tu
gendhaften Idealbild der männlichen Jugend wird.53 Mit bemer
kenswerter Ausführlichkeit wird das Aussehen einer mittelal
terlichen Burg beschrieben : » Damahls hatten sich die Ritter ihre
Burgen mehrentheils auf Hügeln und hohen Felsen zu ihrer Si
cherheit erbauet, und sie mit Ringmauern umgeben, damit sie
sich bey jedem feindlichen Anfalle vertheidigen konnten. Außer
der Ringmauer waren Gräben und Wälle, über welche Zugbrü
cken führten, die, besonders wenn Gefahr drohte, aufgezogen
waren. Das feste Thor und alle Zugänge zu dem Schlosse waren
wohl verwahrt. Manchmahl war zwischen dem Burggebäude und
der Ringmauer, welche dasselbe umgab, ein freyer Platz, welcher
Zwinger genannt wurde, und oft mit Bäumen besetzt war. Die
Burg war immer sehr fest gebaut, alle Gemächer waren gewölbt,
und hatten nur kleine Fenster. «54 Die Burg wird den jungen Le
sern als Ort ritterlicher Autonomie beschrieben, die Eigenschaf
ten des Ritters durchaus differenziert bewertet und der Jugend
nur bedingt zur Nachahmung anempfohlen : » Auf dieser Burg
herrschte der Ritter unumschränkt ; er suchte Glanz um sich zu
verbreiten, und sich das Leben so angenehm als möglich zu ma
chen. Wenn er öffentlich erschien, so trug er die schönsten Waf
fenrüstungen [ … ]. Geistige Beschäftigung liebte der Ritter wenig
[ … ] ; seine Größe suchte der Ritter in den ritterlichen Tugenden,
in Muth und Tapferkeit. Die Jagd, auf welcher er Unerschrocken
heit, Behendigkeit und Ausdauer zeigen konnte, und ein heiteres
Bankett, an welchem die Ritter aus der Nachbarschaft Theil nah
men, und bey denen dem gefüllten Becher wacker zugesprochen
wurde, waren seine Lust und sein Vergnügen. «55 27Ritter
– Burg
Kreuzenstein
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Kreuzenstein
- Untertitel
- Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
- Autor
- Andreas Nierhaus
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79557-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 258