Seite - 33 - in Kreuzenstein - Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
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Instrumentalisierung des Themas zu Beginn des 20. Jahrhun
derts.80 Bemerkenswert erscheint in unserem Zusammenhang,
dass Fuchs seine fundierte Darstellung in den Kontext der Wie
derentdeckung des Mittelalters und der Erforschung und Wieder
herstellung der Burgen seit dem frühen 19. Jahrhundert einbettet.
Fuchs geht ausführlich auf den zeitgenössischen Wiederaufbau
von Burgen in Deutschland und Österreich ein. In welchem Aus
maß Geschichte und Gegenwart hier miteinander verschmolzen
werden, geht jedoch am deutlichsten aus den beigegebenen fo
tografischen Abbildungen hervor, zeigen sie doch ausschließlich
wenige Jahre zuvor rekonstruierte Burgen. Programmatisch ist
dem Text ein Foto jenes Baus vorangestellt, der für den Autor of
fenbar das Muster einer Ritterburg verkörperte : Kreuzenstein.
In Malerei und populärer Druckgraphik kam es, ausgehend von
der literarischen Verarbeitung von Burg und Ritter und beglei
tet durch die einsetzende historische Forschung, während des
19. Jahrhunderts zu einer wahren Flut von Darstellungen mit
telalterlicher Burgen und Burgruinen : Wurde die Burgruine vor
allem als stimmungsvolles, mit der Natur verwachsenes Men
schenwerk interpretiert, so wurde die intakte, in der historischen
Rückschau imaginär wiederhergestellte Burg zum Schauplatz rit
terlichen Lebens.81 Als Thema der Literatur, aber auch der Male
rei hat die Ritterburg großen Einfluss auf spätere Bau bzw. Wie
deraufbauprojekte ausgeübt. Es waren diese Medien, die das zeit
genössische Idealbild der Burg prägten – ein Idealbild, dem sich
Architekten und Bauherren stets aufs Neue anzunähern versuch
ten, ein Idealbild auch, das bis zum Ende des » langen « 19. Jahrhun
derts nicht grundlegend in Frage gestellt, sondern bestenfalls ad
aptiert wurde. Durch die bemerkenswerte » Aufladung « der Burg
zum Symbol eines zeitlich und räumlich jeweils unterschiedlich
imaginierten und kodierten Rittertums wurde die » Ritterburg «
zum Schauplatz nationaler Geschichtserzählung bzw.
konstruk
tion. So ist etwa in Johannes Scherrs » Germania «, einem 1878
erstmals erschienenen, in Format, Ausstattung und Anspruch
monumentalen kulturhistorischen Bilderbuch, im Abschnitt
über das Mittelalter ein ganzes Kapitel der » Ritterburg « gewid
met, die damit zum Symbol und Synonym einer ganzen Epoche
wird.82 Aufschlussreicher als der Text, in dem die kulturhistori
sche Darstellung des Lebens auf der Burg mit Schlaglichtern auf
berühmte Persönlichkeiten der Geschichte ebenso wie auf Gestal
ten der Sagenwelt – Tristan und Isolde, Siegfried und Kriemhild –
verbunden wird, sind in unserem Zusammenhang die Illustrati
onen, allen voran das » Idealporträt « einer Ritterburg nach einer
Zeichnung des Malers Gustav Bauernfeind ( 1848 – 1904 ). 〚3 〛 Hier
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– Burg
Kreuzenstein
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Kreuzenstein
- Untertitel
- Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
- Autor
- Andreas Nierhaus
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79557-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 258