Seite - 53 - in Kreuzenstein - Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
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in Ostpreußen, zu einem als Burg verkleideten Nationaldenk
mal und Monument deutscher Präsenz in dem erst seit 1871 zum
Reich zählenden Elsass und von der ansässigen Bevölkerung auch
genau so interpretiert, wenn man sich zugleich auch über die
zahlreichen Besucher der Burg durchaus erfreut zeigte.141
Auch in der Habsburgermonarchie waren die Initiativen zum Bur
genbau und damit zu einer partiell
exemplarischen » Wiederher
stellung « des Mittelalters zahlreich, kamen aber meist von priva
ter Seite. Nur in Ausnahmefällen stand das Herrscherhaus Pate,
und wenn, dann blieb der Kaiser im Hintergrund. Zugleich wa
ren die Restaurierung und der Wiederaufbau von Burgen weitaus
stärker von regionalen Interessen geprägt, als gesamtstaatlich
gelenkt. Vom Sonderfall Ungarn abgesehen, das nach dem » Aus
gleich « von 1867 seine staatliche und nationale Eigenständigkeit
zu untermauern trachtete, fehlte der zeitgenössischen Diskus
sion um den Burgenbau außerdem der nationalistische oder völki
sche Unterton. In der multiethnisch verfassten und in der gesamt
staatlichen Repräsentation ganz auf die Dynastie ausgerichteten
Donaumonarchie war » kein Bedarf politisch motivierter » Restau
ratio « gegeben «,142 und vor dem Hintergrund des Vielvölkerstaa
tes zeigten sich führende Denkmalpfleger in Österreich äußerst
skeptisch gegenüber der Sinnhaftigkeit einer nationalistischen
Deutung des Denkmalbegriffs.143 In diesem kulturellen Rahmen,
der mit der » supranationalen «, dynastischen Orientierung großer
Teile der österreichischen Aristokratie korrespondierte, war auch
der Wiederaufbau von Kreuzenstein verankert.
Zu den frühesten groß angelegten Burgenrestaurierungen in
der Habsburgermonarchie zählte der Wiederaufbau der ungari
schen Burg Vajda Hunyad / Hunedoara nach einem verheerenden
Brand im Jahr 1854. Auf der Basis detaillierter Bauaufnahmen hatte
zunächst der Wiener Dombaumeister und Akademieprofessor
Friedrich von Schmidt ( 1825 – 1891 ), eine der maßgeblichen Persön
lichkeiten der Denkmalpflege im Österreich jener Zeit, ein Restau
rierungsprojekt ausgearbeitet. Die Arbeiten begannen 1868 und
standen zunächst unter der Leitung der Schmidt
Schüler Ferencz
Schulcz ( 1838 – 1870 ) und Imre Steindl ( 1839 – 1902 ).144 〚 20 〛 Der
Wiederaufbau fand vor dem Hintergrund der historischen Bedeu
tung der Burg als Stammsitz der Familie Hunyady ( Corvinus ) und
ungarisches » Nationaldenkmal « statt.145 Diese nationale Bedeu
tung Vajda Hunyads zeigte sich im Jahr 1896, als ein Teil der Burg –
in einem Ensemble von Kopien bedeutender » magyarischer « Bau
denkmäler – im Rahmen der Budapester Millenniumsausstellung
im Stadtwäldchen als Ausstellungsgebäude nachgebaut und später
als dauerhaftes Museumsgebäude neu errichtet wurde.
53Die
Burg als Monument
Kreuzenstein
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Kreuzenstein
- Untertitel
- Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
- Autor
- Andreas Nierhaus
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79557-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 258