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Kreuzenstein - Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
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Welch große Bedeutung der » Stammburg « einer Familie wäh­ rend des 19. Jahrhunderts beigemessen werden konnte, und wie sehr sich das romantische Burgen­ Revival um 1800 in praktischer Hinsicht von den Burgenrekonstruktionen des Historismus un­ terschied, zeigt das Beispiel der Veste Liechtenstein bei Mödling. Auch hier hatte zunächst der Wiener Dombaumeister und Akade­ mieprofessor Friedrich von Schmidt seine Hände im Spiel, als er 1873 erstmals einen umfassenden Wiederaufbau der Burg anregte. Der Bau war durch die erste Welle der Burgenbegeis terung in der Romantik schwer in Mitleidenschaft gezogen worden : Fürst Jo­ hann I. – der bereits im Jahr 1800 mit der künstlichen Ruine » Han­ selburg « in Loosdorf im nördlichen Niederösterreich als Burgen­ bauherr aufgetreten war – hatte acht Jahre später die Veste Liech­ tenstein, » ergriffen von den romantischen Ideen seiner Zeit «,153 als ( vermeintlichen ) Stammsitz seines Hauses erworben und zum Mittelpunkt eines ausgedehnten Landschaftsgartens gemacht.154 Durch eine » phantasievolle Restaurierung «155, die nicht zuletzt im Abbruch mittelalterlicher Teile bestand, wurde der » maleri­ sche « Charakter der Burg verstärkt, der Bau regelrecht verwüs­ tet.156 Im Jahr 1884 beauftragte Fürst Johann II. den Architekten von Kreuzenstein, Carl Gangolf Kayser, mit einer umfassenden Wiederherstellung der mittelalterlichen Burg : » Es lag in der Ab­ sicht des Architekten Kayser, mit größtmöglicher Schonung der alten Baubestandteile und unter Wahrung der inneren Raumglie­ derung [ … ] die Burg im Stile der romanischen Bauperiode wieder­ herzustellen. «157 〚 23 〛 Nach Kaysers Tod 1895 übernahm Humbert Walcher von Molthein nicht nur in Kreuzenstein, sondern auch in Liechtenstein die Leitung der Baustelle. Mit neuerlichen Än­ derungen an bereits von seinem Vorgänger fertiggestellten Tei­ len wurden die Arbeiten 1903 abgeschlossen. Das Innere wurde mit zahlreichen Spolien und Kunstwerken aus den Sammlungen des Fürsten ausgestattet.158 Die Rekonstruktion tilgte alle Spuren frühneuzeitlicher Nutzungen und Veränderungen und präsen­ tierte Liechtenstein gleichsam » eingefroren « im völlig intakten Zustand des 13. Jahrhunderts – damit wurde jene ent scheidende historische Phase dauerhaft vergegenwärtigt, in der die Burg zum legendären Stammsitz des Hauses Liechtenstein geworden war. Beim Wiederaufbau der Burg Hardegg im nördlichen Nie­ derösterreich 〚 24 〛 stand eine andere bedeutende Funktion der Burgen des 19. Jahrhunderts im Vordergrund. Der Wunsch nach einer repräsentativen Familiengruft führte Johann Carl Fürst Khevenhüller­ Metsch dazu, die erst seit 1730 in Familienbe­ sitz befindliche, im weiteren Verlauf des 18. und 19. Jahrhun­ derts gänzlich zur Ruine verfallene Anlage ab 1878 durch Carl Gangolf Kayser umfassend neu gestalten zu lassen.159 Wohl von 57Die Burg als Zeitvertreib
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Kreuzenstein Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kreuzenstein
Untertitel
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Autor
Andreas Nierhaus
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79557-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
258

Inhaltsverzeichnis

  1. Zerlegung einer Zeitmaschine 9
  2. 1 Mittelalterbilder 21
    1. Ritter – Burg 24
    2. Modernisierungen 41
    3. Die Burg im Garten 43
    4. Die Burg als Monument 48
    5. Die Burg als Zeitvertreib 56
    6. Die Burg am Ende 62
  3. 2 Eine moderne Burg 65
    1. Der Sammler 67
    2. Bauherr und Bauhütte 78
    3. Wiederaufbau 86
    4. Außenansichten 111
    5. Interieurs 129
    6. Der imaginäre Bewohner 166
    7. Frühe Besucher 171
  4. 3 Herrschaft der Dinge 173
    1. Fragmentierung und Rekonstruktion 175
    2. Objet ancien und Objet trouvé 177
    3. Alter und Authentizität 180
    4. Zerstreuung und Sammlung 183
    5. Moderne Spolien 187
  5. 4 Mediale Korrespondenzen 195
    1. Fotografie 197
    2. Heterotopie, Themenpark 201
    3. Tableau vivant, Panorama, Historienbild 205
    4. Film 211
    5. Zusammenfassung 220
    6. Anmerkungen 224
    7. Literatur 238
    8. Abbildungsnachweis 248
    9. Register 249
    10. Dank 256
    11. Inhalt
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