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Kreuzenstein - Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
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Wohnräume wie Gemälde beschrieb, wenn er etwa für das Spei­ sezimmer forderte, man müsse bei seiner Einrichtung » fast wie bei der Composition eines Bildes zu werke gehen «472, da es auf den Betrachter wie ein » Bilde mit concentrirtem Licht im Stil ei­ nes Rembrandt « wirken solle.473 Auf diese Weise erst kann aus dem Wohnraum jenes für das 19. Jahrhundert charakteristische » Milieu « werden, das Eggert » als erweiterte Selbstdarstellung der imaginierten, nicht nur gedachten Individualität und damit als deren Selbsterschaffung « beschrieben hat, die als » dem Men­ schen gegenüber selbständige Wesenheit « sogar » übermächtig « werden kann.474 Das geschlossene Bild, das die Interieurs von Kreuzenstein als » Milieu « erwecken, rührt neben der sorgfältigen Abstimmung von Material, Farben und Oberflächen nicht zuletzt auch vom auf­ fällig reichen Einsatz der Glasmalerei her. Durch sie erhalten die natürlichen Lichtquellen der Räume einen Filter, der den Blick nach Außen – und damit in die » wirkliche « Welt der Gegenwart – zumindest trübt, wenn nicht gar unmöglich macht und so die Aufmerksamkeit im Interieur konzentriert. Auch hier lassen sich aufschlussreiche Parallelen zu Jacob von Falke finden : In der vier­ ten Auflage der » Kunst im Hause « von 1882 widmete er erstmals ein eigenes Kapitel der Dekoration des Fensters durch Glasmale­ rei und Vorhänge, das als » Kompendium seines Wohnbegriffes «475 bezeichnet wurde und hier exemplarisch für die vielfältigen Ver­ bindungen der Innenräume von Kreuzenstein zur zeitgenössi­ schen Wohnkultur steht. Für Falke nämlich ist das moderne Fens­ ter » eine einzige, große, scharf abgegränzte Lichtmasse «, sie » tut unseren Augen wehe « und wirkt angesichts des reich dekorier­ ten Fußbodens und Plafonds wie eine » leere Fläche [ … ], ein un­ ausgefülltes Loch in unserem Bilde. «476 Abhilfe würden vor al­ lem Butzenscheiben schaffen, die zwar » den Genuss der Aussicht, auf die Neuigkeiten der Strasse « unmöglich machen, dafür aber durch das lebendige Spiel des gebrochenen Lichtes » auf der far­ bigen Umgebung, auf dem Teppich, auf der geschmückten Wand und all diesen Kunstgegenständen oder Siebensachen, mit denen wir uns umgeben « entschädigen und die » verlockenden Dinge da draussen « vergessen lassen würden.477 Erst aber ornamentale oder figürliche Glasmalerei schließe » das grelle, gähnende Loch zwischen Decoration und Decoration ; sie fügt den spielenden Lichtern die Farbe hinzu und setzt selbst ein Bild an die Stelle des Nichts ; sie verleiht Poesie dem Gemache, giebt ihm Weihe, Leben und Wärme und entrückt es dadurch der Nüchterneit, der Alltäg­ lichkeit ; an sich reizvoll, in Harmonie mit ihrer Umgebung, giesst sie über den ganzen Reichthum des Gemachs den Schimmer der Verklärung «.478 Es scheint beinahe, als hätten Falkes Ratschläge 165Interieurs
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Kreuzenstein Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kreuzenstein
Untertitel
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Autor
Andreas Nierhaus
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79557-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
258

Inhaltsverzeichnis

  1. Zerlegung einer Zeitmaschine 9
  2. 1 Mittelalterbilder 21
    1. Ritter – Burg 24
    2. Modernisierungen 41
    3. Die Burg im Garten 43
    4. Die Burg als Monument 48
    5. Die Burg als Zeitvertreib 56
    6. Die Burg am Ende 62
  3. 2 Eine moderne Burg 65
    1. Der Sammler 67
    2. Bauherr und Bauhütte 78
    3. Wiederaufbau 86
    4. Außenansichten 111
    5. Interieurs 129
    6. Der imaginäre Bewohner 166
    7. Frühe Besucher 171
  4. 3 Herrschaft der Dinge 173
    1. Fragmentierung und Rekonstruktion 175
    2. Objet ancien und Objet trouvé 177
    3. Alter und Authentizität 180
    4. Zerstreuung und Sammlung 183
    5. Moderne Spolien 187
  5. 4 Mediale Korrespondenzen 195
    1. Fotografie 197
    2. Heterotopie, Themenpark 201
    3. Tableau vivant, Panorama, Historienbild 205
    4. Film 211
    5. Zusammenfassung 220
    6. Anmerkungen 224
    7. Literatur 238
    8. Abbildungsnachweis 248
    9. Register 249
    10. Dank 256
    11. Inhalt
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