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Kreuzenstein - Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
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zumindest eines » imaginären « Bewohners vorhanden sind – in anderem Gewand taucht hier noch einmal einer jener Ritter auf, die schon in den Burgen der Romantik gehaust und die Phantasie der Besucher angeregt hatten. Auskunft über die Identität dieses imaginären Hausherren gibt ein Steinwappen über dem Tor der Burg. Glaubt man Wilczek, so stammt es von einem » alten Palazzo « in Venedig, in dem Kaiser Maximilian I., der letzte Ritter, dereinst gewohnt haben soll.480 Über der Pforte ist das deutlich kleinere Wappen der Familie Wilczek eingelassen – der imaginäre wie auch der reale Burgherr von Kreuzenstein sind damit bereits am Eingang der Burg ausge­ wiesen. In der Tat schien es schon den Zeitgenossen um 1900, als sei in Kreuzenstein alles auf die Rückkehr des » Letzten Ritters « vorbereitet : » In den Donauauen bei Kreuzenstein hat Maximilian öfters gejagt. Würde er heute von einem solchen » lustig gejaidt ‹ in der Burg einziehen [ … ], er würde sich bald heimisch fühlen in der » ernewerten ‹ Feste : ist er doch ihr unsichtbarer Hausherr. «481 Kreuzenstein, schreibt Alfred Walcher von Molthein 1908, » ist das Gewaltwerk eines Mannes, der uns hier seine eigene Überzeu­ gung mit Hilfe dieses großen Bildes übersetzt, uns in die Epoche eines Kaisers Max einführt, weil sie die reichste an idealen männ­ lichen Tugenden war. «482 Dass Kreuzenstein auch als fiktiver Sitz des » letzten Ritters « konzipiert wurde, sollte angesichts der breiten bildkünstleri­ schen und literarischen Rezeption des Kaisers als Tugendheld, Mä­ zen und Begründer der habsburgischen Hausmacht an der Wende vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit während des 19. Jahrhunderts nicht verwundern.483 Ganz auf die Herrscherdynastie zugeschnit­ ten war etwa jener goldene Ritter » in Maximilianischer Rüstung «, den Franz Matsch an prominenter Stelle in den 1891 vollendeten Zwickelbildern des Kunsthistorischen Museums als Personifika­ tion der nordischen Kunst der Gotik im Kampf mit Tod und Dra­ chen vor einer Inschrift mit dem Namenszug Kaiser Maximilians darstellte.484 〚 6 〛 Die Rüstung – Vorbild war ein in der kaiserlichen Waffensammlung aufbewahrter Harnisch Lorenz Helmschmids aus dem 15. Jahrhundert – diente noch Gustav Klimt 1902 als Vorlage für seinen Beethoven­ Fries, in dem der » wohlgerüstete Starke « als » goldener Ritter «, dessen Gesichtszüge und Haar­ tracht an Kaiser Maximilian erinnern, den » feindlichen Gewal­ ten « rund um den Giganten Typhoeus in die Augen blickt.485 〚 7 〛 Darüber hinaus aber war Maximilian von Kindesbeinen an auch die wichtigste historische Projektions­ und Identifikations­ figur des Bauherrn von Kreuzenstein. In seinem Vorwort zur Fak­ simile­ Ausgabe des » Jagdbuchs « Kaiser Maximilians schreibt der damals bereits über sechzigjährige Wilczek im Jahr 1901 : » Schon 167Der imaginäre Bewohner
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Kreuzenstein Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kreuzenstein
Untertitel
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Autor
Andreas Nierhaus
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79557-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
258

Inhaltsverzeichnis

  1. Zerlegung einer Zeitmaschine 9
  2. 1 Mittelalterbilder 21
    1. Ritter – Burg 24
    2. Modernisierungen 41
    3. Die Burg im Garten 43
    4. Die Burg als Monument 48
    5. Die Burg als Zeitvertreib 56
    6. Die Burg am Ende 62
  3. 2 Eine moderne Burg 65
    1. Der Sammler 67
    2. Bauherr und Bauhütte 78
    3. Wiederaufbau 86
    4. Außenansichten 111
    5. Interieurs 129
    6. Der imaginäre Bewohner 166
    7. Frühe Besucher 171
  4. 3 Herrschaft der Dinge 173
    1. Fragmentierung und Rekonstruktion 175
    2. Objet ancien und Objet trouvé 177
    3. Alter und Authentizität 180
    4. Zerstreuung und Sammlung 183
    5. Moderne Spolien 187
  5. 4 Mediale Korrespondenzen 195
    1. Fotografie 197
    2. Heterotopie, Themenpark 201
    3. Tableau vivant, Panorama, Historienbild 205
    4. Film 211
    5. Zusammenfassung 220
    6. Anmerkungen 224
    7. Literatur 238
    8. Abbildungsnachweis 248
    9. Register 249
    10. Dank 256
    11. Inhalt
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