Seite - 169 - in Kreuzenstein - Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
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Ereignissen wie dem Festzug von 1879 ebenso Niederschlag wie
in der Konzeption von Kreuzenstein als einer modellhaften Burg
des Spätmittelalters.
Von Oberstkämmerer Franz Graf Folliot Crenneville, unter
dessen Leitung die Neuausgabe des Triumphzugs erfolgt war, er
hielt Wilczek damals » einen der ersten Abdrücke « von den in der
Hofbibliothek aufbewahrten Originalholzstöcken zum Geschenk
und ließ sie später durch den Maler Othmar Ruzicka ( 1877 – 1962 )
nach dem Vorbild der ebenfalls in der Hofbibliothek erhaltenen
Aquarellentwürfe Albrecht Altdorfers kolorieren : » Ich kann da
her sagen, daß der Triumphzug des Kaisers Maximilian bei mir in
seiner alten Form und Pracht wiedererstanden ist. «497 Der kolo
rierte Triumphzug wurde in Kreuzenstein im Maximiliansgang –
dem einzigen nach einer historischen Persönlichkeit benannten
Teil der Burg – wie in einem kostbaren Futteral gemeinsam mit
historischen Porträts des Herrschers aufbewahrt und präsentiert.
Diese exponierte Stellung zeugt von der Verehrung Wilczeks für
Kaiser Maximilian I., die sich im Festzug von 1879 zum ersten Mal
sichtbar geäußert hatte und im wenige Jahre zuvor begonnenen
Wiederaufbau von Kreuzenstein noch unmittelbarer und stärker
wirksam werden sollte.
Für Kreuzenstein erwarb Wilczek daher zahlreiche Objekte,
die wie der Triumphzug in direkter oder indirekter Beziehung zu
seinem » Schutzpatron «498 standen. Der Bogen reichte von his
torischen und allegorischen Darstellungen des Kaisers – darun
ter einer der wenigen originalen, aus der Zeit Maximilians stam
menden Abgüsse des Triumphreliefs im Louvre499 – bis hin zu
Gegenständen aus seinem persönlichen Besitz. Die Burg als Gan
zes wurde schließlich so konzipiert, wie sie » zur Zeit des ritter
lichen Kaisers Maximilian ausgesehen haben mochte «500 – ein
Umstand, auf den Wilczek auch in der Urkunde zur Schlussstein
legung der Kapelle bedeutungsvoll hinwies.501 Das Archiv von
Kreuzenstein verwahrte neben jener Urkunde, mit der Kaiser
Maximilian den Balthasar Wilczek im Jahr 1506 in den Freiher
renstand erhoben hatte, auch zahlreiche auf Kaiser Maximilian
bezogene Dokumente ohne direkte Verbindung zu Kreuzenstein
oder der Familie Wilczek.502 In der Bibliothek von Kreuzenstein
waren die historischen Ausgaben der Buchprojekte des Kaisers
vollständig vorhanden ; hier befand sich auch ein Exemplar der
seltenen ersten, im Jahre 1517 erschienenen Pergamentausgabe
des Theuerdank.503 Dem nicht genug, trug auch der Bibliothe
kar von Kreuzenstein, Joseph Strobl, mit mehreren Publikatio
nen, die alle Wilczek zu verschiedenen Anlässen gewidmet wa
ren, zur Erforschung der literarischen Tätigkeit des Kaisers bei.
Im Vorwort zu seiner Untersuchung über » Kaiser Maximilians I.
169Der
imaginäre Bewohner
Kreuzenstein
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Kreuzenstein
- Untertitel
- Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
- Autor
- Andreas Nierhaus
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79557-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 258