Seite - 170 - in Kreuzenstein - Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
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Anteil am Teurdank « von 1907 wird Maximilian als » Heldenge
stalt « bezeichnet, » die zugleich das Ideal meines mir stets gnädi
gen Herrn ist «.504 Und in der Einleitung der » Studien über die lite
rarische Tätigkeit Kaiser Maximilian I. « bekennt er 1913, dass ihn
seine außergewöhnliche Arbeitsstätte zur Forschung über dieses
Thema » angeregt « habe.505
Mit der Cuspinian
Tafel Bernhard Strigels erwarb Wilczek 1913
im Tausch mit dem Berliner Kaiser Friedrich
Museum schließlich
ein bedeutendes Gemälde, das seinerseits auf die historische Ver
ehrung Kaiser Maximilians Bezug nimmt.506 〚 30 〛 Der Wiener
Humanist Johannes Cuspinian war nach dem Tod Maximilians
in den Besitz des berühmten kaiserlichen Familienporträts von
Bernhard Strigel gekommen. Er ließ die Tafel bei Strigel selbst an
spielungsreich ergänzen : durch die Beifügung biblischer Namen
zu den Darstellungen der Familie Maximilians, die Bemalung der
Rückseite mit der Heiligen Sippe und die Anfügung eines zweiten
Flügels mit den Porträts seiner eigenen Familie entstand ein Dip
tychon, dessen Kryptoporträts nunmehr drei Zweige der Heiligen
Sippe darstellten, zugleich aber die Verbundenheit Cuspinians mit
Maximilian zum Ausdruck bringen sollten.507 Indem Wilczek die
Cuspinian
Tafel in seinen Besitz brachte, wurde der Kreis um
Kaiser Maximilian auf Kreuzenstein in effigie lebendig.
Aus dem persönlichen Besitz des Kaisers stammt eines der be
deutendsten bis heute in Kreuzenstein verwahrten Objekte, die
Drehbank Maximilians. 〚 33 〛 Über den Ankauf schreibt Wilczek :
» Ich hatte einmal von einer alten Drehbank des Kaisers Max er
zählen gehört und erfuhr später, daß ihr jetziger Besitzer, der
Antiquitätenhändler Pickert in Nürnberg, sie in Köln verstei
gern lassen wolle. Ohne sie gesehen zu haben, gab ich ihm unbe
schränkten Auftrag, sie für mich zu kaufen. Unbegreiflicherweise
war das allgemeine Interesse für dieses einzige Stück so gering,
daß es mir in der Versteigerung um 800 Mark zugeschlagen
wurde. Aus Nachforschungen, die ich dann anstellte, ergab sich,
daß diese Drehbank von den Landständen von Tirol dem Kaiser
bei Gelegenheit seiner Wiedervermählung mit der Mailänderin
Bianca Maria Sforza ( 1493 ) zum Geschenk gemacht wurde ; einige
von den Spendern haben auch ihre Wappen auf der Bank anbrin
gen lassen. Für dieses mir so wertvolle Stück sind mir schon
Unsummen angeboten worden. «508 In Kreuzenstein wurde für
dieses einzigartige Objekt eigens die Drehbankstube eingerich
tet.509 Hier war nun ein historischer Gegenstand, den der imagi
näre Burgherr von Kreuzenstein tatsächlich benützt hatte, ein
authentisches Besitzstück des Kaisers, eine » Reliquie «510, die den
Kaiser nicht nur bildlich in einem der zahlreichen Porträts, son
dern gleichsam materiell gegenwärtig werden ließ.
170 Eine moderne Burg
Kreuzenstein
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Kreuzenstein
- Untertitel
- Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
- Autor
- Andreas Nierhaus
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79557-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 258