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Kreuzenstein - Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
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erhalten sie durch ein bestimmtes ästhetisches Interesse und in Hinblick auf ihren künftigen Kontext – vielleicht konträr zu ih­ rer ursprünglichen Bestimmung. Auch das Verfahren, mit dem die » alten Objekte « in ihrem neuen Kontext versammelt werden, lässt sich durchaus mit den ebenfalls traditionell der Avantgarde zuzurechnenden Techni­ ken der Collage oder Assemblage – zumindest metaphorisch – in Verbindung bringen, wie dies Peter­ Klaus Schuster am Beispiel der » Epochenräume « des 1904 eröffneten Berliner Kaiser Fried­ rich­ Museums versucht hat, die wiederum nicht zufällig an zeit­ genössische Sammler­ Interieurs erinnern.538 Die Voraussetzung für diese Techniken liegen im Bewusstsein von – kultureller, re­ ligiöser, ästhetischer, historischer etc. – Fragmentierung, wie sie die Wahrnehmung der Moderne prägt ; in der mentalen Verfüg­ barkeit einer schier unendlichen Fülle disparater, voneinander getrennter Objekte, aber auch im ästhetischen Interesse an ih­ ren unterschiedlichen Daseinsformen und dem Bedürfnis, eine bestimmte Auswahl oder Teile dieser Objekte zusammenzufügen, gegeneinander zu kontrastieren, und durch die spezifische Form dieser Versammlung eine bestimmte künstlerische Position zu artikulieren. In diesem Sinn ist auch Kreuzenstein eine riesige Collage historischer Fragmente. Doch anders als bei der avantgar­ distischen Handhabung dieser Techniken ging es dabei keines­ wegs um das Aufzeigen von Brüchen und Dissonanzen, sondern vielmehr um Harmonisierung.539 Auch wenn in Kreuzenstein Spolien als solche deutlich kennt­ lich gemacht sind, sollte in der Zusammenstellung nicht das An­ dersartige, Fremdartige, Rätselhafte dieser Objekte betont wer­ den, sondern die homogene historische Erzählung. Alle Objekte erhalten ihren Platz und eine – wenn auch virtuelle – Funktion ; aus den materiellen Trümmern der Geschichte wird in Kreuzen­ stein eine künstliche Welt neu geschaffen, das Zerstörte wieder zusammengefügt, das Verlorene wiederhergestellt. Und den­ noch : Der Versuch, aus einzelnen Objekten neue Einheiten zu­ sammenzustellen, ist Ausdruck einer intensiven Hinwendung zu den außergewöhnlichen ebenso wie den alltäglichen Dingen. Dieses Interesse bestimmt auch noch die Auseinandersetzung mit dem Objekt in der Avantgarde des 20. Jahrhunderts : Aussa­ gekraft, Wert und physische Integrität der Objekte wurden nun aber radikaler als je zuvor in Frage gestellt. Besteht in Kreuzen­ stein der Wunsch, Fragmentierung durch Rekonstruktion aufzu­ wiegen, so wird das Objekt im 20. Jahrhundert, auch in Reaktion auf die Dingwelten des 19. Jahrhunderts, zum surrealen Rätsel­ ding, das sich jeder Einordnung in traditionelle historische, funk­ tionale oder ästhetische Deutungsmuster entzieht. 179Objet ancien und Objet trouvé
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Kreuzenstein Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kreuzenstein
Untertitel
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Autor
Andreas Nierhaus
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79557-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
258

Inhaltsverzeichnis

  1. Zerlegung einer Zeitmaschine 9
  2. 1 Mittelalterbilder 21
    1. Ritter – Burg 24
    2. Modernisierungen 41
    3. Die Burg im Garten 43
    4. Die Burg als Monument 48
    5. Die Burg als Zeitvertreib 56
    6. Die Burg am Ende 62
  3. 2 Eine moderne Burg 65
    1. Der Sammler 67
    2. Bauherr und BauhĂĽtte 78
    3. Wiederaufbau 86
    4. AuĂźenansichten 111
    5. Interieurs 129
    6. Der imaginäre Bewohner 166
    7. FrĂĽhe Besucher 171
  4. 3 Herrschaft der Dinge 173
    1. Fragmentierung und Rekonstruktion 175
    2. Objet ancien und Objet trouvé 177
    3. Alter und Authentizität 180
    4. Zerstreuung und Sammlung 183
    5. Moderne Spolien 187
  5. 4 Mediale Korrespondenzen 195
    1. Fotografie 197
    2. Heterotopie, Themenpark 201
    3. Tableau vivant, Panorama, Historienbild 205
    4. Film 211
    5. Zusammenfassung 220
    6. Anmerkungen 224
    7. Literatur 238
    8. Abbildungsnachweis 248
    9. Register 249
    10. Dank 256
    11. Inhalt
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