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Kreuzenstein - Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
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sie durch ihr Auftauchen auf der Baustelle bestehende Planungen in Frage stellen. 〚 66 〛 Ihre Präsenz war also zu keinem Zeitpunkt von untergeordneter Bedeutung, sondern von Beginn an formal und inhaltlich konstitutiv. Für das von Wilczek betriebene, mit­ unter beinahe maßlos anmutende Ansammeln historischer Frag­ mente war der Wiederaufbau von Kreuzenstein sicherlich der un­ mittelbare Auslöser, die tiefere Motivation ist aber im größeren Zusammenhang seiner Sammlungen zu suchen. Damit der Neubau die authentische materielle » Spur « der Spo­ lie aufnehmen und verarbeiten kann, muss sie als altes Objekt bis zu einem gewissen Grad erkennbar bleiben. Besonders deutlich wird dies am Söller, der nicht zufällig charakteristische Elemente der Fassade von San Marco in Venedig zitiert – eines Bauwerks, das seine Wirkung zu einem nicht geringen Anteil aus dem pro­ minenten Einsatz von Spolien bezieht. 〚 61 〛 Figürliche und or­ namentale romanische Reliefs unterschiedlicher Größe sind in regelmäßigen Abständen über eine Wandfläche verteilt, die im Vergleich mit den übrigen Außenmauern der Burg eine auffällige Glätte und Homogenität besitzt, um die hier eingesetzten Frag­ mente entsprechend zur Geltung lassen zu kommen. Auch an der Loggia im Hof kann diese Gegenüberstellung von älterem, ver­ wittertem, mit plastischen Qualitäten ausgestattetem Material und der glatten Wand, die primär als neutraler Träger dient, be­ obachtet werden. 〚 67 〛 Ähnliches ist auch beim Umgang mit den Resten der mittelalterlichen Burg festzustellen, die beim Wie­ deraufbau deutlich sichtbar belassen wurden. Auch hier wird die Kontrastwirkung unterschiedlicher Formen und Oberflä­ chen eingesetzt, wenn dem unregelmäßigen, verputzten Mau­ erwerk der Ruine die regelmäßigen, unverputzten Steinmauern des Neubaus gegenübergestellt werden. 〚 63 〛 Es handelt sich da­ bei genau genommen allerdings nicht um ( translozierte ) Spolien, sondern um Fragmente und alte Objekte, denen als vor Ort erhal­ tene Reste des alten Kreuzenstein in besonderem Maße die Rolle der historischen Spur zukommt – ebenso wie sie durch ihre ma­ terielle und formale Andersartigkeit entlang einer durchgehen­ den Bruchlinie die historische Zäsur zwischen Ruine und Wie­ deraufbau markieren. Eine andere Vorgangsweise besteht darin, das Fragment, das alte Objekt oder die Spolie soweit dem Neubau zu integrieren, dass die Authentizität auf das gesamte Bauwerk ausstrahlen kann : » Getreu meinen Prinzipien war ich bemüht, alles, was ich an Holz, Stein und Eisen zur Gestaltung der Burg fügte, mit dem alten Geräte, das ich zusammengebracht hatte, für das Auge zu stimmen wie die Farben in einem alten Bilde «,542 schreibt der Bauherr über Kreuzenstein. Dieses » alte Bild « entsteht vor allem 181Alter und Authentizität
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Kreuzenstein Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kreuzenstein
Untertitel
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Autor
Andreas Nierhaus
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79557-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
258

Inhaltsverzeichnis

  1. Zerlegung einer Zeitmaschine 9
  2. 1 Mittelalterbilder 21
    1. Ritter – Burg 24
    2. Modernisierungen 41
    3. Die Burg im Garten 43
    4. Die Burg als Monument 48
    5. Die Burg als Zeitvertreib 56
    6. Die Burg am Ende 62
  3. 2 Eine moderne Burg 65
    1. Der Sammler 67
    2. Bauherr und BauhĂĽtte 78
    3. Wiederaufbau 86
    4. AuĂźenansichten 111
    5. Interieurs 129
    6. Der imaginäre Bewohner 166
    7. FrĂĽhe Besucher 171
  4. 3 Herrschaft der Dinge 173
    1. Fragmentierung und Rekonstruktion 175
    2. Objet ancien und Objet trouvé 177
    3. Alter und Authentizität 180
    4. Zerstreuung und Sammlung 183
    5. Moderne Spolien 187
  5. 4 Mediale Korrespondenzen 195
    1. Fotografie 197
    2. Heterotopie, Themenpark 201
    3. Tableau vivant, Panorama, Historienbild 205
    4. Film 211
    5. Zusammenfassung 220
    6. Anmerkungen 224
    7. Literatur 238
    8. Abbildungsnachweis 248
    9. Register 249
    10. Dank 256
    11. Inhalt
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