Seite - 198 - in Kreuzenstein - Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
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Zwischen seinen zahlreichen Reisen widmete sich Burger in den
folgenden Jahren und Jahrzehnten auch der Dokumentation von
Wilczeks größtem Projekt, die er » als eine Art Cultus « betrieb.593
Dabei war die räumliche Nähe zu seinem Auftraggeber und des
sen Architekt sicherlich von Vorteil : Seit 1885 befand sich sein
Atelier im Palais Wilczek in der Wiener Herrengasse, wo zu jener
Zeit auch der Architekt von Kreuzenstein, Karl Gangolf Kayser,
wohnte ; ab 1894 hatte der nunmehrige k. u. k. Hof Fotograf im Pa
lais zudem seinen Wohnsitz.594
Burgers Fotografien von Kreuzenstein, deren Umfang sich der
zeit nur annähernd anhand von mehr als 300 Glasnegativen im
Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek bestimmen
lässt,595 sind zum Großteil datiert und in unterschiedlich numme
rierten » Serien « geordnet. Burgers Aufnahmen waren » so glän
zend « durchgeführt, » daß er den berühmten kgl. Preußischen
Hofphotographen Anschütz bei ähnlichen Arbeiten ( Ansicht von
Marienburg ) weit überflügelte «, wie der Präsident der Photogra
phischen Gesellschaft in Wien, Josef Maria Eder, im Jahr 1904 an
das Ministerium für Kultus und Unterricht schrieb.596
Die Fotografien wurden in unterschiedlicher Form veröf
fentlicht. Im Österreichischen Museum für angewandte Kunst
in Wien hat sich ein unvollständiges Mappenwerk mit dem Titel
» Aus der Burg Kreuzenstein « erhalten.597 Schriftlich überliefert
sind außerdem drei Exemplare eines Albums mit dem Titel » Bei
träge zur Kenntnis des Baues der Burg Kreuzenstein « mit 115 Fo
tografien Burgers, die sich im Besitz Kaiser Wihelms II., seiner
Mutter, der Kaiserin Friedrich, und des Fürsten Johann II. von
Liechtenstein befanden.598 Der von Walcher von Molthein 1914
veröffentlichte Band » Burg Kreuzenstein an der Donau « wandte
sich dagegen bereits an ein größeres, wenn auch immer noch aus
gesuchtes Publikum und präsentierte Burgers Fotografien, dar
unter besonders viele vor neutralem Hintergrund freigestellte
Aufnahmen von Sammlungsobjekten, auf 200 Tafeln.599 Burger
selbst vertrieb um 1900 nicht weniger als 160 verschiedene Num
mern, » Photographische Originalaufnahmen von Kreuzenstein in
Großquartformat als Mattdrucke oder Platinotypien [ … ], enthal
tend die Außenansichten u. sämtliche Interieurs der Burg «, die er
auf dem Umschlag einer Ansichtskartenserie nach eigenen Auf
nahmen bewarb. Im Gegensatz zu den teureren großformatigen
Abzügen, die vor allem bei Sammlern und Museen auf Interesse
stießen, fanden die wohl vor Ort käuflich zu erwerbenden Korre
spondenzkarten im Intaglio Druckverfahren als » Kreuzensteiner
Souvenir «, in zwei Serien zu je 12 bzw. 24 Aufnahmen oder stück
weise große Verbreitung beim Publikum. Auf diesem Wege wurde
ein offiziöses » Image « der Burg verbreitet, und die Silhouette von
198 Mediale Korrespondenzen
Kreuzenstein
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Kreuzenstein
- Untertitel
- Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
- Autor
- Andreas Nierhaus
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79557-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 258