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werk Neue Medien«, Markus Beckedahl, das harte Vorgehen der Mu-
sikindustrie.52 Diese blieb derweil unnachgiebig. »Bei Karstadt wird
ja auch kein Ladendieb laufengelassen, weil er vielleicht gestern
noch bezahlt hat«, versuchte sich IFPI-Chef Gerd Gebhardt zu recht-
fertigen.53
Der Chaos Computer Club rief als Antwort im April 2004 zum
Boykott der von der IFPI vertretenen Plattenfirmen auf: »Die Branche
sollte nicht den Nutzern die Schuld geben, wenn sie selber den Be-
ginn des Informationszeitalters verschlafen und es versäumt hat, ihr
Geschäftsmodell an die digitale Welt anzupassen.«54 Mit Sprüchen
auf Werbebannern wie »Wir können auch ohne die Musikindustrie –
sie ohne uns aber nicht« versuchten sie eine Gegenkampagne.
Ob sich die Umsatzrückgänge der Musikwirtschaft mit wenigen
Faktoren erklären lassen, bleibt fraglich. Zu ihren Fehlentscheidun-
gen kamen eine schlechte wirtschaftliche Lage und eine zunehmen-
de Konkurrenz durch andere Unterhaltungsformen. Handys, Video-
spiele und DVDs wurden in den letzten Jahren immer beliebter.
Erst langsam versteht es auch die Musikindustrie von den neuen
Märkten zu profitieren. Dank des Verkaufs von Handy-Klingeltönen
steigen auch ihre Umsätze wieder. Die gerade bei jungen Musikhö-
rern oft vermißte Zahlungsbereitschaft ist durchaus vorhanden.
Immerhin zahlen viele Jugendliche für einen Klingelton in zweifel-
hafter Qualität mehrere Euro. Einige Plattenfirmen machen bereits
mehr Umsatz mit dem Handygeschäft als mit dem Verkauf von CDs.
Das Lied von »Schnappi« wurde beispielsweise über 200.000mal als
Handy-Klingelton verkauft.55 Hingegen reichen für eine Plazierung in
den CD-Verkaufscharts mittlerweile einige tausend verkaufte Exem-
plare.Auch dies ist Ausdruck einer historischen Veränderung,die die
Musikwirtschaft lange nicht wahrhaben wollte.
Es bleibt also unsicher,ob es einen kausalen Zusammenhang zwi-
schen den Umsatzeinbußen der Unterhaltungsindustrie und der
massenhaften Verbreitung von Schwarzkopien überhaupt gegeben
hat. In welchem Maße ein eventueller Schaden durch Schwarzkopie-
NO ©OPY
No Copy
Die Welt der digitalen Raubkopie
- Titel
- No Copy
- Untertitel
- Die Welt der digitalen Raubkopie
- Autoren
- Jan Krömer
- Evrim Sen
- Verlag
- Tropen Verlag
- Ort
- Leipzig
- Datum
- 2007
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 3-932170-82-2
- Abmessungen
- 13.9 x 19.0 cm
- Seiten
- 314
- Schlagwörter
- Raubkopie, Werk, Digitalisierung, Vervielfältigung, Privatgebrauch
- Kategorien
- Medien
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- 1. DIE GESCHICHTE DER SCHWARZKOPIE
- 2. KOPIE DER KOPIE DER KOPIE
- 3. ALL YOU CAN EAT
- 4. DIE KUNST DES CRACKENS
- 5. CRACKERETHIK
- 6. RAUB, KOPIE, PHILOSOPHIE
- 7. IM PARAGRAPHENDSCHUNGEL
- 8. DAS IMPERIUM UND SEINE REBELLEN
- 9. AUFRUHR IM SYSTEM
- NACHWORT 256
- INTERVIEWS
- GLOSSAR 279
- ANMERKUNGEN 290