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62 | Cultural Governance in Österreich
ned and negotiated between policymakers, actors of the community and policy
experts. Policy formulation implies defining cultural policy and determining
the best alternative(s) (instruments and means) to accomplish that goal.
• Implementation: the stage where the policy envisioned by policymakers
becomes a(n) (imperfect) reality. This stage involves different organizations
and institutions, and implies the intervention of a constellation of actors such
as artists, public servants, heritage professionals, and stakeholders.
• Evaluation: the stage where the policy is assessed by policymakers, the media,
the broad artistic community and the general public. Cultural policy evaluation
can be associated with a number of formal evaluative procedures. Beyond
formal evaluation, cultural policies are often subjected to informal evaluation
through the analysis and appreciation of multiple stakeholders from the cultur-
al community.“ (Paquette, Redaelli, 2015: S. 64)
Dieses Modell bietet als Idealtyp eine Vorlage, mit der die komplexe Realität
verglichen werden kann. Die Suggestion, dass politische Prozesse (und Hand-
lungsprozesse generell) nach einer Rationalität ablaufen, Entscheidungen auf-
grund der Sachzwänge und gründlicher Abwägung getroffen werden, ist jedoch
mehr als eine Reduktion zu analytischen Zwecken bzw. zur modellhaften Erklä-
rung in einem Handbuch. Sie kann selbst als eine politische Machtstrategie in-
terpretiert werden. David Graebner kritisiert aus marxistisch-anarchistischer Po-
sition einen in seinen Augen verhängnisvollen Pakt spezifischer Konzepte von
Kapitalismus und Bürokratie, Rationalität und Effizienz, den er als so tief in un-
ser Bewusstsein eingedrungen beschreibt, dass wir ihn für selbstverständlich hal-
ten. Er fordert dazu auf, dies kritisch zu hinterfragen:
„Man bedenke, dass es stets um Wert geht. Oder: wenn jemand behauptet, sein wichtigster
Wert sei die Rationalität, sagt er das nur, weil er nicht zugeben will, was tatsächlich sein
wichtigster Wert ist.“ (Graeber, 2015: S. 46)
Diese Einschätzung suggeriert, dass politische Machtstrategien auf einem Ver-
halten eines homo oeconomicus, der nur seinen eigenen Nutzen kalkuliert, basie-
ren. „Das Heimliche, die Durchsetzung von Interessen, die nicht denen des Vol-
kes entsprechen“ (so der Publizist Roger Willemsen in einem TV-Interview), ist
Teil der Politik, auch in stabilen Demokratien. Politische Skandale und Affären
werfen ein negatives Licht auf PolitikerInnen. Der Wikipedia-Eintrag zur Kate-
gorie „Politische Affäre Österreich“ listet 48 Artikel auf, vom ersten Prager
Fenstersturz 1419 bis zur Hypo-Alpe-Adria-Affäre (Wikipedia, 2016). Das sind
nur jene Heimlichkeiten, die als politische Skandale aufgedeckt wurden. Dem-
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Title
- Cultural Governance in Österreich
- Subtitle
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Author
- Anke Simone Schad
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 322
- Keywords
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Category
- Recht und Politik
Table of contents
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293