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66 | Cultural Governance in Österreich
unterdrückt werden. Zu erforschen, wie dieser Prozess verläuft, welche delibera-
tiven Möglichkeitsräume und welche machtvollen Schließungen dabei entstehen,
ist Ziel dieser Untersuchung. Dabei sind Institutionalisierungen und allgemein
verbindliche Regeln strukturierend für das Handeln, aber die AkteurInnen haben
dennoch einen Handlungsspielraum. Fluidität, Gleichzeitigkeit und Veränder-
barkeit von Positionen, Zugehörigkeiten und Standpunkte machen Entschei-
dungs-Handeln als situativ, praktisch, interpretativ untersuchbar. Handlungs-
möglichkeiten zwischen staatlichen, zivilgesellschaftlichen und wirtschaftlichen
AkteurInnen, zwischen Regeln und Strukturen und individuellen Spielräumen
sind zu analysieren.
3.2.2 Deuten und Handeln
Die Interpretative Policy-Analyse (IPA) lenkt die Aufmerksamkeit auf die Kon-
struktion von politischen Handlungsräumen durch die Deutungsleistung der Ak-
teurInnen und stellt damit einen Zusammenhang zwischen der Konstruktion von
Bedeutung (meaning-making) und der Praxis bzw. dem Handeln her („meaning
in action“, (Wagenaar, 2011)). Politik wird nicht auf ein strategisches bzw. rati-
onales Handeln bei Interessens- und Verteilungskonflikten reduziert. Es wird
darüber hinaus versucht, sozial konstruierten Bedeutungs- und Begründungs-
mustern (Rationalitäten) mit ihrer potentiell generativen Funktion, „that may ha-
ve brought the policy into being“ (Wagenaar, 2011: S. 87), auf den Grund zu ge-
hen. Den gemeinsamen theoretischen Ausgangspunkt haben interpretative An-
sätze in der Tradition des Symbolischen Interaktionismus,
„[...] in der Betonung des aktiven und kreativen menschlichen Zeichen- und Symbolge-
brauchs, des permanenten Zusammenspiels von Deuten und Handeln in konkreten Situati-
onen sowie in der interaktiven Herstellung sozialer Ordnung. Sie entwickeln daher keine
allgemeinen Theorien der Funktionsweise ihrer Gegenstandsbereiche, sondern aus deren
empirischer Untersuchung heraus werden Begriffe gebildet, mit denen sich soziale Phä-
nomene und Prozesse angemessen begreifen lassen.“ (Keller, 2012: S. 17)
Max Weber beschreibt Sozialwissenschaft als „Wirklichkeitswissenschaft“, die
„sich dafür interessiert, warum die Kulturerscheinungen so sind wie sie sind, und
welche Bedeutungen das wiederum hat“ (Keller, 2012: S. 4). In einem sozial-
konstruktivistischen Verständnis einer kontingenten Wirklichkeit verändern sich
Dinge und Bedeutungen permanent. Ideen, Symbole und Konzepte sind damit
ein Pol der kulturellen Sphäre, während der andere Pol aus sozialen Praxen und
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Title
- Cultural Governance in Österreich
- Subtitle
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Author
- Anke Simone Schad
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 322
- Keywords
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Category
- Recht und Politik
Table of contents
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293