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Theoretische Situierung | 81
Kindern ebenso wie das Verhältnis des oder der Vorgesetzten zu seinen Unter-
gebenen bezeichnen kann (ibd.).
3.2.6 Kritik, Problematisierung, Konflikt und Kompromiss:
zur Politik in Situationen
Das Arrangieren von Welten mit dem Ziel eines Kompromisses entspricht den
demokratiepolitisch normativen Intentionen von Governance, wenn Governance
als partizipativer Prozess und offener Disput, mit der Intention, die bestmögliche
Lösung für alle Betroffenen zu finden (Habermas, 1992), vonstattengeht. Ist
solch ein für alle Argumente offener – herrschaftsfreier – Disput möglich und
wenn ja, unter welchen Bedingungen? Jürgen Habermas verweist darauf, dass
sich „aus der arbeitsteilig organisierten Wissensproduktion und Wissensdiffusion
eine ungleiche Verteilung von Kompetenzen und Kenntnissen“ (Habermas,
1992: S. 395) ergibt. Hinzu kommt die Selektivität der Kommunikationsmedien.
Zu dieser ungleich verteilten Chance, über Informationen zu verfügen, kommt
die ungleiche Verteilung individueller Fähigkeiten:
„Die Ressourcen für eine Teilnahme an politischen Kommunikationen sind allgemein eng
begrenzt, angefangen von der individuell verfügbaren Zeit und der episodischen Aufmerk-
samkeit für Themen mit eigensinnigen Karrieren, über die Bereitschaft und die Fähigkeit,
zu diesen Themen eigene Beiträge zu leisten, bis hin zu den opportunistischen Einstellun-
gen, Affekten, Vorurteilen usw., die eine rationale Willensbildung beeinträchtigen.“ (Ha-
bermas, 1992: S. 396)
Eine deliberative Politik und die „Umsetzung von kommunikativer Macht in
administrative Macht“ unterliegt also „kommunikativen, kognitiven und motiva-
tionalen Beschränkungen“ (Habermas, 1992: S. 398).
„Es stellt sich die Frage, wie weit die soziale Faktizität dieser unvermeidlichen Trägheits-
momente auch dann, wenn sie in der formellen Organisationsstruktur rechtsstaatlicher
Verfassungen und Institutionen schon berücksichtigt ist, einen Kristallisationspunkt für il-
legitime, gegenüber dem demokratischen Prozeß verselbstständigte Machtkomplexe bil-
det.“ (ibd.)
Das bedeutet für die Analyse von Situationen: Um Handeln in Situationen zu
verstehen, müssen sowohl diese kommunikativ erzeugten Rechtfertigungsord-
nungen bzw. Welten (Boltanski, Thévenot, 2014) (arguments, meaning-making)
als auch die Sozialen Welten und ihre Interaktion miteinander in Arenen (Clarke,
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Title
- Cultural Governance in Österreich
- Subtitle
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Author
- Anke Simone Schad
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 322
- Keywords
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Category
- Recht und Politik
Table of contents
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293