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92 | Cultural Governance in Österreich
In welchem Verhältnis stehen zivilgesellschaftliche AkteurInnen und staatliche
AkteurInnen zueinander? Da „Kulturförderung eine Allokationspolitik ist“
(Zembylas, 2012: S. 3-4), gilt:
„Wer über Ressourcen verfügt und Ressourcen verteilt, hat Gestaltungsmacht. Sowohl
Kulturförderung als auch Kulturfinanzierung generieren ein Abhängigkeitsverhältnis, das
sich in unterschiedlicher Intensität entfalten kann. Dieses Angewiesen-Sein auf öffentliche
Förderungen, die für viele nicht-gewinnorientierte Kulturorganisationen charakteristisch
ist, ist Gegenstand rechtspolitischer Überlegungen, um einerseits Gestaltungsmöglichkei-
ten zu öffnen, andererseits Berechenbarkeit und Kontrolle zu ermöglichen.“ (ibd.)
Bei denjenigen, die um Subventionen im nichtinstitutionalisierten bzw. nicht-
staatlichen Bereich werben, d.h. freischaffende bzw. selbstständige KünstlerIn-
nen und Kulturschaffende, Kulturvereine, Kulturinitiativen und Festivals ver-
schärfen sich bestehende Ungleichheiten bei stagnierenden Kunst- und Kultur-
budgets: So weist etwa das Schlusskommuniqué der ExpertInnen-Klausurtagung
zur UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultu-
reller Ausdrucksformen in Österreich Ende 2015 darauf hin, dass budgetäre
Aufwertungen „eher für große Institutionen erfolgen“ (Österreichische UNES-
CO-Kommission, 2015: S. 14),
„etwa vor dem argumentativen Hintergrund der Arbeitsplatzerhaltung (Beispiel Burgthea-
ter und Vereinigte Bühnen Wien). Demgegenüber stagnieren viele Förderungen über viele
Jahre auf derselben finanziellen Höhe. In Sparzeiten tragen budgetär niedrig dotierte Insti-
tutionen, projektorientierte Initiativen und institutionell nicht verankerte Kulturschaffen-
de[.] die Hauptlast der Einsparungen.“ (ibd.)
Von der Kulturförderpolitik profitieren vor allem jene, die als Publikum die An-
gebote der öffentlich geförderten Kultur aktiv wahrnehmen. Hier lässt sich fest-
stellen, dass es weitgehend die formal höher Gebildeten sind (IFES Institut für
empirische Sozialforschung, 2007). Dazu kommt, dass „öffentliche Kulturförde-
rung im Allgemeinen eine Verteilung von den unteren zu den oberen sozialen
Schichten darstellt, dies umso mehr, wenn große Summen für ‚klassische Hoch-
kultur‘ verwendet werden“ (Alton, Mokre, 2014: S. 5). Angesichts der demogra-
fischen Entwicklung, der zunehmenden Pluralität der Lebensentwürfe und damit
des kulturellen Nutzungsverhaltens, der Verlagerung der kulturellen Produktion
und Reproduktion in die virtuelle Sphäre und gegenwärtiger Migrationsbewe-
gungen erscheint diese Form der Kulturpolitik als konservative Bestandssiche-
rung.
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Title
- Cultural Governance in Österreich
- Subtitle
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Author
- Anke Simone Schad
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 322
- Keywords
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Category
- Recht und Politik
Table of contents
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293