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Methodologische Situierung | 117
Bedingungen: Diskursive Konstruktionen von AkteurInnen, organisationa-
le/institutionelle Elemente, bedeutende Streitpunkte, lokale bis globale Elemen-
te, soziokulturelle Elemente, symbolische Elemente, populäre und andere Dis-
kurse, räumliche und zeitliche Elemente, individuelle und kollektive menschli-
che Elemente, nichtmenschliche Elemente (Aktanten), politische und ökonomi-
sche Elemente sowie andere empirische Elemente, die sich in der Situation be-
finden. Nichtmenschliche Elemente (Dinge), die in Kapitel 5.2.4 diskutiert wer-
den, fasst Clarke in Anlehnung an Bruno Latour mit dem Konzept der „Aktan-
ten“. Diese Aktanten
„konditionieren die Interaktion in der Situation strukturell durch ihre spezifischen Materi-
aleigenschaften und -anforderungen sowie durch unsere Verpflichtung ihnen gegenüber.
Ihre Handlungsmacht ist allgegenwärtig. Die Situationsanalyse berücksichtigt explizit so-
wohl auf materielle als auch auf diskursive Weise die nichtmenschlichen Elemente in der
erforschten Situation.“ (Clarke, 2012: S. 104)
5.2.2 Die Krise der Repräsentation
Wie im vorhergehenden Kapitel dargestellt wurde, dient die Situationsanalyse
als Theorie-Methoden-Paket (Clarke, 2015b, 2012) der Beschreibung und Inter-
pretation von Situationen, die empirisch definiert sind. Der zentrale Analysege-
genstand ist die Situation. Nicht ein grundlegender sozialer Prozess („basic soci-
al process“ in der Grounded Theory) wird möglichst genau bzw. objektiv und
unverfälscht beschrieben, sondern Clarkes Ansatz gestattet mehrere, paradoxe
und widersprüchliche Prozesse in einer Situation zu identifizieren und einer
Analyse zu unterziehen. Es geht nicht darum, Verschiedenheiten und Komplexi-
tät „auszuradieren“ (Clarke, 2012: S. 58), sondern diese analytisch fassbar zu
machen. Die Analysen als Wissensproduktionen sind daher immer partiell, ver-
körpert (embodied) und situiert; es gibt mehrere mögliche bzw. simultane Wahr-
heiten (Clarke, 2012: S. 62). Entsprechend ist eine einzelne Theorie oder ein
Modell als analytischer Rahmen nicht ausreichend, „no one theory is sufficient“
(Clarke, Keller, 2014: Abschn. 66). Adele Clarke bedient sich aus dem epistemi-
schen und ontologischen Werkzeugkasten unterschiedlicher Theorien. Sie be-
tont, dass Konzepte als analytische Werkzeuge elastisch und nicht vollständig
kongruent oder konvergent sind. Die logischen Brüche („moments of conceptual
rupture“ nach Mead (Clarke, Keller, 2014: Abschn. 52)) helfen dabei, auf explo-
rativem Weg neue und unerwartete Dinge zu entdecken.
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Title
- Cultural Governance in Österreich
- Subtitle
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Author
- Anke Simone Schad
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 322
- Keywords
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Category
- Recht und Politik
Table of contents
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293