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118 | Cultural Governance in Österreich
Die Krise der Repräsentation ist nicht nur ein Thema der Wissenschaftstheorie,
sondern in einer anderen Weise auch eine politische Frage. Sie bezieht sich auf
Beteiligungsprozesse und auf Ansprüche auf (Deutungs-)Macht. Wer kann bzw.
wer will seine Meinung nicht repräsentieren/vertreten? Wer ist nicht vertreten
oder nimmt sich selbst als nicht vertreten wahr? Aus welchen Gründen und mit
welchen Konsequenzen? Wie können Schweigende, zum Schweigen gebrachte
oder implizite AkteurInnen explizit integriert werden – analytisch ebenso wie
auch politisch? Ein Durcheinander von Stimmen, Bedeutungen, Interpretationen
und Ansprüchen (Clarke, Keller, 2014) ist nicht nur analytisch notwendig, um
nichts zu übersehen bzw. niemanden zu überhören, sondern auch aus politischer
Sicht, da Ordnung Hierarchisierung und damit Macht bzw. Ermächtigung bedeu-
tet. Ein Durcheinander ist aber auch unvermeidbar, da die Beziehungen in Situa-
tionen hochkomplex, veränderlich und kontingent sind. Situationen können mit
der Literatur- und Genderwissenschaftlerin Elizabeth Grosz auch als kontinuier-
licher Versuch gesehen werden, mit Chaos bzw. im Chaos zu gestalten:
„The chaotic indeterminacy of the real, its impulses to ceaseless variation, gives rise to the
creation of networks, planes, zones of cohesion, which do not map this chaos so much as
draw strength, force, material from it for a provisional and open-ended cohesion, tempora-
ry modes of ordering, slowing, filtering.“ (Grosz, 2008: S. 8)
Die analytische Offenheit ermöglicht es, in Situationsanalysen auszuprobieren,
experimentell mit Möglichkeiten bzw. Hypothesen zu spielen, sich mögliche Be-
ziehungen und deren Wirkungen vorzustellen.
„Im Anschluss an den Begründer Peirce bezeichnet Pragmatismus zunächst eine bestimm-
te Vorgehensweise zur Klärung der Bedeutung von Begriffen in der Philosophie oder in
der Wissenschaft. Diese Vorgehensweise wird beschrieben in Peirce’ ‚pragmatischer Ma-
xime‘ von 1878. Demnach erlangt man Klarheit über die Bedeutung eines Begriffs, indem
man sich in einer Art Gedankenexperiment die Wirkungen und praktischen Bezüge klar
macht, die dem Gegenstand des Begriffs zukommen. Unser Begriff dieser Wirkungen ist
dann ‚das Ganze unseres Begriffs des Gegenstandes‘.“ (Spree, 2003a: Abs. 3)
Es gibt mit Peirce und Dewey auch eine enge Verbindung zwischen der For-
schung und der Situation, auf die sich diese bezieht, und damit auch auf die
menschliche Komponente, das heißt die Interaktion zwischen Forschenden und
den generierten Daten:
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Title
- Cultural Governance in Österreich
- Subtitle
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Author
- Anke Simone Schad
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 322
- Keywords
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Category
- Recht und Politik
Table of contents
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293