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Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse | 215
zu artikulieren. Allerdings wird ihre Kritik in den lokalen Tageszeitungen nicht
aufgegriffen (APA/Wirtschaftsblatt, 2014; Oberösterreichische Nachrichten,
2014), die nur über die Budgetkürzungen insgesamt berichten – eine breitere,
über den Kulturbereich hinausgehende Öffentlichkeit wird somit nicht erreicht.
Warum solidarisieren sich – abgesehen vom Stadtkulturbeirat – alle Förderneh-
merInnen im Kulturbereich nicht und formulieren kollektive Kritik, wenn die
freie Szene insgesamt für das Kulturleben so bedeutend ist? Neben dem knappen
Entscheidungszeitraum, der politisch im Sinne von Effizienz als Herrschaftsin-
strument zur Abwehr von breiter Verhandlung beabsichtigt ist, besteht auch An-
lass zur Vermutung, dass die Konkurrenz um Fördergelder und die starke Frag-
mentierung des Bereichs (163 einzelne FörderempfängerInnen unterschiedlicher
künstlerischer/kultureller Sparten, zusätzlich zu EmpfängerInnen von Kleinst-
förderungen unter € 1.200) eine gemeinsame Mobilisierung verhindert.
Bei einer ähnlich gelagerten Diskussion in Graz, bei der es in einem längeren
Verhandlungszeitrum zwischen Sommer 2013 und Frühjahr 2014 um eine Fort-
setzung der dreijährigen Förderverträge der Stadt mit acht Kulturinstitutionen
ging, die über 100.000 Euro jährliche Förderung beziehen, zeigte sich, wie eine
kollektive Mobilisierung möglich wurde. Hier formulierten die acht betroffenen
Kultureinrichtungen einen eigenen offenen Brief (Camera Austria u.a., 2013),
zusätzlich zu den offenen Briefen des Grazer Kulturbeirats als zivilgesellschaft-
liches Beratungsgremium der Kulturstadträtin und der IG Kultur Steiermark. Die
rhetorischen Appelle sind ähnlich; auch hier wurde versucht, durch
• Emotionalisierung und Dramatisierung bzw. Pathos („wird mit größter Sorge
beobachtet – eine Erosion der gesamten Grazer Kulturlandschaft, die über
Jahrzehnte aufgebaut wurde, ist zu befürchten“ (Kulturbeirat Graz, 2013))
• Ethos („Mehrmals wurde auf den Einsatz und den Idealismus der vielen Per-
sonen hingewiesen, die mit wenig und unsicherem Einkommen für diese Viel-
falt sorgen. Angesichts der mit den jetzigen Mitteln möglichen Honorare und
Gehälter ist es zynisch, hier ein relevantes Einsparungspotenzial zu sehen“
(Camera Austria u.a., 2013)) und
• Logos („In diesem Licht betrachtet ist es höchst unverständlich, warum die
Stadtregierung jetzt keine Entscheidung treffen will über eine Vertragssumme,
die im Vergleich zum Gesamtbudget äußerst klein ist: es geht um nicht einmal
0,18 % des Gesamthaushaltes.“ (IG Kultur Steiermark, 2013))
zu argumentieren. Durch den längeren Verhandlungszeitraum wurde eine breite-
re Mobilisierung und breitere Öffentlichkeit in lokalen Tageszeitungen erreicht.
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Title
- Cultural Governance in Österreich
- Subtitle
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Author
- Anke Simone Schad
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 322
- Keywords
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Category
- Recht und Politik
Table of contents
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293