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tersagt werden, weil feuerpolizeiliche Richtlinien nicht eingehalten werden.
Auch die Verwaltung der Gemeindefinanzen ist eine gesetzliche Aufgabe, die
landesgesetzlich geregelt ist. Als privatwirtschaftlicher Akteur kann die Stadt in
Kultureinrichtungen investieren und eigene Firmen gründen (als Subjekt der
Welt des Marktes Beziehungen in der Welt des Marktes unterhalten (Boltanski,
Thévenot, 2014: S. 274)). Da es auf kommunaler Ebene keine eigenen Kultur-
fördergesetze gibt (Kommunen haben keine Gesetzgebungskompetenz), agieren
Städte über vertragliche Bindungen (darüber hinaus über Förderrichtlinien, Er-
lässe und Verordnungen). Aufgrund der kommunalen Autonomie sind Kultur-
fördergesetze auf Landes- oder Bundesebene nicht auf kommunaler Ebene an-
wendbar. Eigentumsverhältnisse und Kofinanzierungen für Kulturbetriebe wer-
den zwischen Ländern und Kommunen ebenfalls über Verträge organisiert.
Die Stadt agiert im Kulturbereich einerseits in der staatsbürgerlichen Welt
über die ihr zur Verfügung stehenden gesetzlich-behördlichen Formen (Boltans-
ki, Thévenot, 2014: S. 256-257) bzw. im Modus der Integration durch Regulati-
on und Unterwerfung (herrschaftliches Handeln) und andererseits in der Welt
des Marktes in Subjektbeziehungen zwischen KäuferInnen und VerkäuferInnen,
AuftraggeberInnen und AuftragnehmerInnen, KonkurrentInnen (Boltanski, Thé-
venot, 2014: S. 270). Der Förderbereich ist über die staatsbürgerliche Welt nicht
vollständig legitimiert. Es gibt kein Recht auf Förderung und keine eigene För-
dergesetzgebung. Jedoch werden in Förderrichtlinien normative Verpflichtungen
gegenüber dem Gemeinwohl formuliert sowie der Bedarf, die Mittel nachweis-
bar sachgerecht einzusetzen. Hier besteht eine Kontrollmöglichkeit durch die
Verwaltung. Auch in der Welt des Marktes hat der Förderbereich keine Legiti-
mation (es handelt sich nicht um eine bezahlte Dienstleistung bzw. um ein Ge-
schäft) – die Renditen bzw. die Wirkung von Kulturförderung sind, wenn über-
haupt, nur schwierig in Zahlen und monetärem Wert nachweisbar (siehe dazu
etwa die kritische Forschung von Eleonora Belfiore zu ‚Cultural Value‘
(Belfiore, 2014). Vielmehr geht es um soziale und kulturelle Effekte, sogenannte
externe Effekte.
Bestimmte öffentliche Aufgaben, von denen soziale und kulturelle Effekte
erwartet werden, fallen unter den Begriff der Daseinsvorsorge. Allerdings ist
hier umstritten, inwiefern die kulturelle Infrastruktur zur Daseinsvorsorge ge-
hört, ist sie doch in weiten Teilen keine kommunale Pflichtaufgabe wie die Be-
reitstellung von Wasserversorgung, Abfallentsorgung, Verkehrswesen, Sozial-
und Gesundheitsdiensten. Die Daseinsvorsorge erzeugt ein Band zwischen der
staatsbürgerlichen Welt und der häuslichen Welt (Dasein, Natürlichkeit). Sie im-
plizieren Kritik an der Welt des Marktes (Gemeinwohl- und Daseinsvorsorge als
Verzicht auf Egoismus und unmittelbare Nutzenerwartung). Insofern ist staatli-
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Title
- Cultural Governance in Österreich
- Subtitle
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Author
- Anke Simone Schad
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 322
- Keywords
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Category
- Recht und Politik
Table of contents
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293