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(KBLI2) zur Profilierungspolitik einzelner PolitikerInnen zu werden oder in der
politischen Bedeutungslosigkeit zu versinken.
Andererseits werden die Möglichkeiten einzelner Beamtinnen und Beamter,
qua Amt als GatekeeperInnen (Becker, 2011) zwischen der Sozialen Welt der
Kulturbetriebe und der Sozialen Welt der Politik zu agieren, indem sie Entschei-
dungen vorbereiten, den Zeitpunkt und die Reihenfolge der Weitergabe von In-
formationen an PolitikerInnen und AkteurInnen aus dem Kulturbetrieb steuern
und bei Sitzungen von Beiräten und Jurien präsent sind, auch kritisch beurteilt.
Mitunter werden dabei „Grenzüberschreitungen“ (KBLI2) wahrgenommen. Die
Kritik richtet sich hier gegen das individuelle, opportune Handeln (Kategorien
der inspirierten Welt und der Welt des Marktes) von BeamtInnen als Subjekte
der industriellen Welt (Experte, Verantwortliche), die sich eigentlich der staats-
bürgerlichen Welt unterordnen sollen (in den Dienst des Gemeinwesens stellen
(Boltanski, Thévenot, 2014: S. 426)).
Das „commitment“, als eine „Selbstbeschränkung“ (INT_KBLI2) der BeamtIn-
nen, ein BeamtInnenenethos bzw. nach Michel Foucault ein internalisierter Blick
der Macht als Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwesen wird über das Ver-
waltungsrecht und das Strafrecht (sogenannte Amtsdelikte) gerahmt. Innerhalb
dieser rechtlich-disziplinierenden Selbst- und Fremdverpflichtungen (Clarke,
2012: S. 151) sind die BeamtInnen gegenüber ihrem Handlungsspielraum inter-
pretationskompetent, sie wissen, „was die Rolle der Verwaltung ist und wie weit
man das ausreizen kann“ (INT_KBLI2). Dabei geht es um mehr als ExpertIn-
nenwissen. Der niederländische Politikwissenschaftler Hendrik Wangenaar be-
schreibt die Arbeit der Verwaltung als Praxis, die von unterschiedlichen Formen
des Wissens bestimmt wird:
„[...] the almost unthinking actions, tacit knowledge, fleeting interactions, practical jud-
gements, self-evident understandings and background knowledge, shared meanings, and
personal feelings.“ (Wagenaar, 2004: S. 644)
Durch diese praktische Interpretationskompetenz gegenüber der lokalen Konstel-
lation aus Parteien und persönlichen Absichten der PolitikerInnen vermag es die
Soziale Welt der Kulturverwaltung, strategische Dokumente wie Kulturentwick-
lungspläne oder auch Sitzungspapiere für Ausschüsse des Gemeinderats, den
oder die KulturreferentIn so zu formulieren, dass aussagekräftige, handlungslei-
tende, die Verwaltung in ihrer Arbeit unterstützende Ziele darin stehen, ohne
dass sich diese direkt auf parteipolitische und ideologische Positionen beziehen.
Beispielsweise wurde bei der Linzer Kulturentwicklungsplanung zwischen den
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Title
- Cultural Governance in Österreich
- Subtitle
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Author
- Anke Simone Schad
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 322
- Keywords
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Category
- Recht und Politik
Table of contents
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293