Page - 255 - in Cultural Governance in Österreich - Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
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Ergebnisse der Analyse | 255
deskulturbeirat aufgrund des Landeskulturförderungsgesetzes zur „Beratung der
Landesregierung in grundsätzlichen Fragen der Kulturpolitik sowie zur Vertie-
fung des Kontaktes mit der kulturinteressierten Bevölkerung und zur allgemei-
nen Beurteilung der Wirksamkeit von Kulturförderungsmaßnahmen“ (Land
Oberösterreich, 1987, § 7) eingerichtet. In der Steiermark novellierte der damali-
ge Landesrat für Wirtschaft, Tourismus, Europa, internationale Angelegenheiten
und Kultur Christian Buchmann (ÖVP) 2012 das Kunst- und Kulturfördergesetz,
um den seit 2006 bestehenden Landeskulturbeirat aufzulösen bzw. in ein Kultur-
kuratorium zu überführen. Da sich am Beispiel des steirischen Kulturbeirats, ab
2013 Kulturkuratoriums, eine Reihe von Problemen zeigen lässt und da dieses
Landesgremium auch eng mit der Kulturpolitik in der Landeshauptstadt Graz
verbunden ist, lohnt es sich, an dieser Stelle genauer auf das Gremium einzuge-
hen.
Seit 2013 hat ein Kulturkuratorium als eine Zusammenlegung von Kulturbei-
rat und Fachbeiräten sowohl die Aufgabe, Ansuchen fachlich zu beurteilen, als
auch die Landesregierung in „kulturpolitischen und kulturellen wie künstleri-
schen Zielsetzungen“ (Land Steiermark, 2005 § 10) zu beraten. Der Landesrat
begründete diese Entscheidung mit den ökonomischen Argumenten die Gremien
„schlanker“ (ORF Steiermark, 2012a) und „effizienter“ (ibd.) zu machen. Die In-
teressensgemeinschaft (IG) Kultur Steiermark als Dachverband der steirischen
Kulturvereine und Kulturschaffenden hegte Zweifel an der Legitimität dieser
Argumentation, die über Rechtfertigungsprinzipien aus der industriellen Welt
kommuniziert wurde („mittels rationaler Methoden die Effizienz steigern“,
(Boltanski, Thévenot, 2014: S. 446). Auf Basis von eigenen Berechnungen ar-
gumentierte die IG, dass mit dem Kulturbeirat ein „demokratisches Instrument“
eingespart werde. Sie betrachtet die Rechtfertigung (Effizienz) als bloßen Vor-
wand, um machtpolitische Ziele (ein unbequemes, kritisches Gremium zu ent-
fernen) zu erreichen:
„Was hier eingespart wird, füllt kein Budgetloch, denn die Aufwandsentschädigungen für
das gesamte Gremium machen nicht mehr als 15.000 Euro im Jahr aus. Was hier einge-
spart wird, ist ein demokratisches, manchmal unbequemes Instrument, auf das man im
Namen einer sogenannten Effizienz, die nicht weiter erklärt wird, anscheinend leicht ver-
zichten kann.“ (IG Kultur Steiermark, 2012)
Die Vermischung von operativen (Begründung von Förderentscheidungen) und
strategischen (allgemeine kulturpolitische Beratung) Aufgaben im Kulturkurato-
rium wurde seitens der damaligen Vorsitzenden des Kulturbeirats stark kritisiert
(ORF Steiermark, 2012b). Ein Gremium, das sowohl Förderentscheidungen vor-
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Title
- Cultural Governance in Österreich
- Subtitle
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Author
- Anke Simone Schad
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 322
- Keywords
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Category
- Recht und Politik
Table of contents
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293