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Die repräsentative Demokratie hingegen basiert auf dem Prinzip der Machtüber-
tragung vom Volk auf Eliten bzw. auf der Legitimation der Macht der Eliten
durch die Wahlentscheidung des Volks. Obwohl beispielsweise in den Statuten
des Linzer Stadtkulturbeirats explizit formuliert ist, dass dieser „zur Vertiefung
des Dialoges zwischen den kulturpolitisch Verantwortlichen der Stadt Linz und
den Linzer Kunst- und Kulturschaffenden“ (Stadt Linz, Linz Kultur, 2016) dient,
gibt es seitens der Politik offenbar keinen konkreten Wunsch nach Beratung. So
berichtet ein Mitglied des Stadtkulturbeirats:
„Das Problem ist halt nur dieses Beraten, weil es äußerst selten passiert. Zumindest seit
ich 2009 dabei bin, ist es noch nie passiert, dass die Politik mit irgendeiner Aufgabenstel-
lung gekommen wäre, ‚Wir überlegen das und das, was habt ihr für einen Vorschlag?‘.
Das passiert einfach nicht. Deswegen hat man eigentlich nur die Möglichkeit, selbst initia-
tiv tätig zu werden, was in den letzten Jahren hauptsächlich so ausgesehen hat, dass man
Forderungspapiere schreibt, wo man sagt, es soll das und das gemacht werden. Die wer-
den dann meistens einmal im Jahr gesammelt und der Öffentlichkeit und dem Kulturaus-
schuss präsentiert. Es gibt dann meistens einen Austausch über die Umsetzung mit der
Verwaltung. Es ist dann meistens so, dass dann die Verwaltung Stellung bezieht und sagt,
das und das haben sie schon gemacht, das können und werden sie machen, das werden sie
nicht machen, wie auch immer. Das ist so der normale Arbeitsmodus vom Stadtkulturbei-
rat.“ (KBLI)
Der Stadtkulturbeirat agiert offenbar nicht in einem Modus der Deliberation auf
Augenhöhe bzw. der politischen Partizipation als aktive Involvierung (Mayne,
Geissel, 2017), sondern in einem Forderungsmodus und damit unter klar hierar-
chischen, herrschaftlichen Bedingungen. Deutlich wird auch, dass die Kommu-
nikation weniger mit der Kulturpolitik als mit der Kulturverwaltung stattfindet,
die politische Entscheidungsebene wird also eher indirekt angesprochen bzw.
agiert die Kulturverwaltung als Gatekeeper zwischen Kulturschaffenden/Beirä-
ten und Kulturpolitik. Ähnliches wird aus Graz über das Format der Kulturdialo-
ge berichtet. Die zuständigen KulturstadträtInnen würden nur selten wirklich In-
formationen nachfragen und Themen länger verfolgen. Gewünscht wird hinge-
gen von VertreterInnen der freien Kulturinitiativen
„[...] eine Änderung, dass die Partizipation auch wirklich so gelebt wird, wie man es sich
vorgestellt hat. Also dass Vorschläge und Fragen von den Initiativen kommen können und
dass man sich auch länger mit Themen befasst, also nicht nur schnell bei einem Dialog
und dann wird es in die Schublade gelegt. Das ist leider auch passiert, in den letzten zehn
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Title
- Cultural Governance in Österreich
- Subtitle
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Author
- Anke Simone Schad
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 322
- Keywords
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Category
- Recht und Politik
Table of contents
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293