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Geschichte
Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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34 K.(u.)k. »going postcolonial« knüpfungssituation unterschiedliche Kontextualisierungsmöglichkeiten gegeben sind, wie es etwa auch in der Polyphonie Istriens zu sehen ist (Strutz 1992 : 303). Im spezifischen Feld der in und über Triest geschaffenen Literatur schlägt sich diese Hybridität, diese Verknotung zahlreicher kultureller Transfers, in hetero­ genen literarischen Modellen nieder : Die triestinische – und auch insgesamt istrische – kulturelle Polyphonie bürstet gegen den Strich vereinheitlichender weltliterarischer Universalität und liefert ausreichend Material für literarische Experimente, in denen es zur Verknüpfung ästhetischer und ideologischer Ele­ mente aus der Vielzahl unterschiedlicher Sprachen und Soziolekte kommt. Als Beispiel dafür kann etwa der 1912 entstandene Roman Il mio Carso von Scipio Slataper dienen, in dem die Berührung von Traditionslinien, die Verknüpfung unterschiedlicher Diskurse und Kontexte als Konzepte der Hybridität erschei­ nen, in denen kulturelle Differenzen nicht aufgelöst werden, sondern vielmehr multiple Sichtweisen zum Tragen kommen, die zu einem permanenten diskur­ siven Austausch zwischen Kulturen beitragen (vgl. dazu Wolf 2003b : 157) ; Gy­ örgy Konrád behauptet nicht zu Unrecht, dass sich »Kakaniens größte Energie […] in seinem Gemischtsein« verbarg (Konrád 1989, zit. nach Strutz 1992 : 299). In einer solchen Sicht von Kultur lassen sich keine dauerhaft angelegten Kontextualisierungen festschreiben, sondern es kommt vielmehr das Fluide und Polyphone zum Vorschein, das durch vielschichtige Prozesse ständige Grenzver­ schiebungen bewirken kann. Die hier skizzierten dynamischen Bedeutungsver­ änderungen und ­ zuschreibungen manifestieren sich schließlich in kulturellen Transfers, die nicht länger als eindimensionale, lineare Vorgänge zwischen Aus­ gangs­ und Zielkultur angesehen werden können, sondern als Prozesse, die durch ständig stattfindende Kontextwechsel charakterisiert sind. Trotz aller Hybridi­ sierungen bzw. Verknotungen ist festzuhalten, dass nicht die Habsburgermo­ narchie als Ganzes davon betroffen sein kann – abgesehen davon, dass dies nicht historischen Fakten entspricht, würde es dadurch ja zu einer Substanzialisierung des Hybriden kommen. Vereinzelte soziale Felder bzw. Bevölkerungsschichten sind mehr, andere weniger oder kaum davon berührt, sodass die Substanz für das Differente grundsätzlich erhalten bleibt, wenngleich diese Segmente auch einem dynamischen Veränderungsprozess unterschiedlicher Geschwindigkeiten ausgesetzt sind. Die vorliegenden Betrachtungen konzentrieren sich auf jene Sphären, wo »Übersetzungsprozesse« im weitesten Sinn stattfinden, also vor­ rangig dort, wo migratorische oder sozial konstruierte Verdichtungen erfolgen (die dementsprechende kulturelle Produkte erzeugen), während viele territoriale und soziale Räume davon relativ unberührt bleiben, andere in Grauzonen oder Übergangszonen zu verorten sind.
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Subtitle
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Author
Michaela Wolf
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
442
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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