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Geschichte
Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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»Polykulturelle Kommunikation« 95 richtete sich nach den Erfordernissen und gewiss auch nationalen Einstellungen der »Herrschaft«. Dienstmädchen fungierten auch als Dolmetscherinnen, wenn die dienstgebende Familie innerhalb der Monarchie übersiedelte und dadurch vor sprachliche Probleme gestellt wurde, wie dies im Fall der Frau Eleonora Fanta belegt ist, deren Mann als Generalmajor von Wien nach Mostar versetzt wurde und die ihre Kommunikationsprobleme im Alltag durch die sprachliche Vermittlung ihres aus Wien mitgebrachten böhmischen Dienstmädchens Ma­ riza zu lösen versuchte (Fanta 1947–1953 : 41). Eine ähnliche Situation wird von der aus Steyr stammenden Köchin Marie Konheisner geschildert, deren Dienst­ geber als Feldmarschallleutnant nach Herrmannstadt, Siebenbürgen, versetzt wird. Die rumänisch­ deutsche Kommunikation zwischen dem Personal und der »Außenwelt« läuft über einen »2. Diener«, der Sachse ist und dolmetscht (Konheisner 1898–1929 : 45). In diesem Zusammenhang nicht zu unterschät­ zen ist die Vermittlungsfunktion der Dienstmädchen und auch Kindermädchen vor allem in ihrer Eigenschaft als unmittelbare Bezugspersonen der Kinder, lernten doch manche Kinder der Dienstgeberfamilie nicht zuletzt aufgrund der engen Beziehungen mit den weiblichen Dienstboten in Ansätzen deren Spra­ che (Schroubek 1982 : 68). Schuchardt weist diesbezüglich auf die Bedeutung der tschechischen Kindermädchen in Wien hin, wenn er von der Aufnahme einer Reihe tschechischer Wörter in den Wiener Dialekt spricht, unter ande­ rem Lescháck (»gesunder, wohl aussehender Mensch«) oder Schweráck (»Schelm«, »Schalk«), was sich in Sätzen wie »das Kind sieht aus wie ein Leschack« oder »der liebe kleine Schwerack« niederschlägt (Schuchardt 1884 : 66). Auch die Rolle der »böhmischen Köchinnen« im Kommunikationsraum der Habsburgermonarchie ist nicht zu unterschätzen – weder als Verursacherin viel­ facher Gaumenfreuden noch als Mittlerin zwischen der dienstgebenden Familie und den anderen Hausangestellten, denn die Köchin stand in der Hierarchie der DienstbotInnen jeweils an der Spitze, was ihr zu Prestige und höherem Einkommen verhalf, aber auch größere Verantwortung in Angelegenheiten des sozialen Verhaltens abverlangte. Der »kulinarische Synkretismus« (Schroubek 1982 : 63) der durch die böhmische Köchin wesentlich geprägten Wiener Küche kann somit durchaus auch auf ihre Urheberinnen übertragen werden. Handwerker Eine weitere, wenn auch bei Weitem nicht so umfangreiche Berufsgruppe, die durch Migration eine zweite (oder dritte) Sprache erlernte und deren Vertre­ ter – in geringem Ausmaß auch Vertreterinnen – so im Zuge ihrer Tätigkeit zu
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Subtitle
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Author
Michaela Wolf
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
442
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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