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»Polykulturelle Translation« 151
Das erste Jahrzehnt seines Bestehens, genauer von 1849 bis zur Reform von
1860, kann als Blütezeit des Redaktionsbureaus bezeichnet werden, vor allem
im Hinblick auf die Personalentwicklung. Die meisten Redakteure wurden zu
nächst aus dem Personal der verschiedenen Ministerien ohne Ausschreibung
übernommen. Die Zahl der Redakteure schwankte erheblich, was nicht zuletzt
auf den Mangel an qualifizierten Fachkräften für die aufwändige Arbeit zurück
zuführen war und die von Beginn an angestrebte Besetzung der »systemisierten«
Stellen erheblich verzögerte. Dazu trug auch die Bestimmung bei, dass die sys
temisierten Beamten den Ministerialkonzipienten gleichgestellt waren, und als
solche konnten keine Personen eingestellt werden, die nicht absolvierte Juristen
waren. Es gab zwar diesbezügliche Ausnahmefälle, um auch »sonst taugliche In
dividuen« anstellen zu können (wie etwa den Kanzleioffizial Julius Wysłobocki
für die ruthenische bzw. in der Folge auch den Philologen Marcell Kawecki für
die polnische Sprache), doch wurde diese Regelung bis zur zweiten großen Re
form von 1869 weitgehend beibehalten.
Aufgrund des massiven Arbeitsaufkommens und des großen Zeitdrucks,
unter dem die Translatoren fortwährend standen, wurden die Redakteursstel
len im Mai 1850 um neun erhöht, womit jede Sprache nun von zwei Trans
latoren bedient werden konnte ; die Funktion der Kontrollredakteure wurde
durch die doppelte Besetzung der »Hauptredakteure« eingestellt. Zusätzlich
gab es neue Anreize, um den Personalproblemen entgegen zu wirken und die
Redakteursposten attraktiver zu gestalten : Es wurde eine neue Rangklasse
(Vorstandsposten) geschaffen und neue Gehaltsstufen eingeführt, weiters
sollte ein Redakteur jeweils die Funktion eines stellvertretenden Vorstandes
mit allen Ämtern, Würden (»wirklicher Ministerialsekretär«) und Gehaltszu
schüssen übernehmen. Zur Besetzung dieser Stellen wurde zum ersten Mal
eine Ausschreibung veranstaltet, die in der Folge einen Stand von 14 definitiv
besetzten und drei remunerierten, provisorischen Redakteursstellen erbrachte.
Im Mai 1853 wurde die unterste Gehaltsstufe angehoben, um »tüchtige Kräfte
zu gewinnen«, denn entweder meldete sich auf eine Ausschreibung hin über
haupt kein Bewerber oder gut qualifizierte Bewerber mussten unberücksich
tigt bleiben, weil sie zu hohe Gehaltsforderungen stellten, andere wiederum,
die mit dem niedrigen Anfangsgehalt angestellt wurden, suchten das Weite,
sobald sich ihnen die Gelegenheit für eine besser bezahlte Stelle bot. Der dem
entsprechend häufige Personalwechsel war der Arbeit im Redaktionsbureau
sehr abträglich.
Aus genannten Gründen wurde der deutsche Text mit kaiserlichem Patent
vom 27. Dezember 1852, das mit 1. Jänner 1853 seine Gültigkeit errang, als der
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Subtitle
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Author
- Michaela Wolf
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 442
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437