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»Polykulturelle Translation« 169
Kontakt bestand. Die angegebenen Städte sind in dieser Tabelle alphabetisch
geordnet und reichen von Alexandrien bis Zara, als Behörden sind »Consulat«,
»Statthalterei«, »Polizei Direction« und andere angegeben. Als »Chiffrierspra
che« galt das Deutsche und Französische (HHStA, Administrative Registratur,
Fach 4, Karton 428). Die Kenntnis der in diesen Orten gesprochenen Sprachen
und deren Übertragung ins Deutsche nach der Dechiffrierung war die haupt
sächliche Tätigkeit der Beamten dieses Departements.
Die Aufnahmebedingungen ins »Departement für Chiffrewesen und trans
latorische Arbeiten« waren entsprechend den vielfältigen und besonders heik
len Anforderungen, die an die (zukünftigen) Beamten gestellt wurden, sehr
streng.160 Etwaige Kandidaten mussten sich mehreren Tests unterziehen, die
sich aus einem Übersetzungsteil und einem Dechiffrierteil zusammensetzten.
So bewarb sich der bereits als »Concepts Praktikant« in Ministeriumsdiensten
stehende Eugen Freiherr von Haan im Jahre 1876 um die Stelle als »Hof und
Ministerial Concipist I. Classe«. Seine Prüfung bestand aus insgesamt sechs
Übersetzungen von Zeitungstexten und literarischen Texten sowie von Ge
schäftsbriefen, und zwar jeweils ein Text aus dem Italienischen, Ungarischen,
Kroatischen, Polnischen und Spanischen ins Deutsche sowie aus dem Engli
schen ins Französische (HHStA, Administrative Registratur, Fach 4, Karton
404, Zl. 4600/II/76). Die Prüfungstexte waren umfangreich und umfassten je
Übersetzung zwischen zwei und sechs handschriftliche Seiten. Des Weiteren
musste der Kandidat einen Kurztext dechiffrieren. Auf die (De )Chiffrierungs
arbeit wurde damit um ein Vielfaches weniger Wert gelegt als auf die übersetze
rische qua fremdsprachliche Kompetenz des Kandidaten.
Johann von Hasslinger Hassingen, der von 1872 bis 1887 als Vorstand des
»Departements für Chiffrewesen und translatorische Arbeiten« fungierte, emp
fiehlt in einem Schreiben an den für dieses Ressort zuständigen Außenminister
den Aspiranten Eugen von Haan auf der Grundlage der zur äußersten Zufrie
denheit ausgefallenen Prüfungsergebnisse (ibid.).161 Haan scheint folgerichtig
im Hof und Staatshandbuch von 1877 bereits als »Hof und Ministerial Con
cipist I. Classe« auf und ersetzt an diesem Posten den ohne weitere Angaben an
geführten Joseph Krzisch, der 1877 als »Hof und Ministerial Official I. Classe«
160 Bis in die Sechzigerjahre des 19. Jahrhunderts war es durchaus üblich, Bewerber um die Auf
nahme in die Ziffernsektion einer längeren polizeilichen Überwachung zu unterziehen (vgl. Hu
batschke 1975b : 408).
161 Hasslingers Kommentare im Wortlaut : »Ich bin mit Haan ganz zufrieden – er hat Talent, Chic
und Styl« (ibid.).
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Subtitle
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Author
- Michaela Wolf
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 442
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437