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Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 301
Kräfteverhältnisse zum Tragen. Zum einen kann jedes Feld als Ort eines per
manenten Kampfes zwischen den beiden – hier bereits angesprochenen – Prin
zipien der Hierarchisierung gesehen werden, das heißt des heteronomen Prin
zips, an dem sich diejenigen orientieren, die das Feld politisch und ökonomisch
dominieren, und andererseits des autonomen Prinzips (Stichwort : »l’art pour
l’art«), das sich durch die Unabhängigkeit gegenüber dem Ökonomischen und
Politischen definiert (vgl. Jurt 1995 : 90). Daraus resultierend ist jedes Feld von
Konkurrenzkämpfen gekennzeichnet, die nach Veränderung oder Bewahrung
der Kräfteverhältnisse streben. Das von Bourdieu explizit als »Feld der Macht«
bezeichnete Feld, das »gleichsam quer« zu den einzelnen Feldern liegt (vgl. Pa
pilloud 2003 : 74), ist jener »Raum der Kräftebeziehungen zwischen Akteuren
und Institutionen, deren gemeinsame Eigenschaft darin besteht, über das Kapi
tal zu verfügen, das dazu notwendig ist, dominierende Positionen in den unter
schiedlichen Feldern […] zu besetzen« (Bourdieu 1999 : 342). Im Prozess der
Vermittlung agieren die Beteiligten zwar gleichfalls in hierarchischen Machtbe
zügen, die über den Einsatz verschiedener Kapitalien zum Ausdruck kommen
bzw. ausgetragen werden, doch beruht die Auseinandersetzung um den Einsatz
dieser Kapitalien im Regelfall nicht auf dem Prinzip der Etablierung der Positi
onen von einzelnen AkteurInnen, da sich diese Positionen nach Vollendung des
Vermittlungsakts (zumindest teilweise) wieder auflösen und somit an sie nicht
der Anspruch gestellt werden kann, dass – im Gegensatz zum etwa literarischen
Feld – der Kampf um sie das Movens für die (mehr oder weniger dauerhafte)
Existenz des Feldes ist.
Dem gleichen Regelprinzip unterliegt das dritte bourdieusche Grundprinzip,
der Kampf um Anerkennung im Feld, der freilich auch für den Transferaspekt
von Bedeutung ist. Nach der Logik der Autonomie des Feldes ist die Aner
kennung durch die AkteurInnen und Institutionen im Feld entscheidend und
nicht vorrangig die externe Anerkennung durch den Markt. Nicht zuletzt da,
wie bereits angeführt, die Autonomie im Raum der Vermittlung kein vorran
giges Prinzip ist, entsteht Anerkennung dort erst aus der Akkumulation zahl
reicher Anerkennungsphasen, und die mangelhafte Ausbildung »permanenter«
Beziehungen zwischen den AkteurInnen trägt ihrerseits dazu bei, dass es im
Zuge des Transferprozesses nicht zur Erstrebung dauerhafter Anerkennung
kommen kann. Dies schlägt sich auch in der Kodifizierung dessen nieder, was
im literarischen Feld als »Schriftsteller« bezeichnet wird : Besteht im literari
schen Feld durchaus die Möglichkeit, das »Monopol literarischer Legitimität«
zu beanspruchen und nicht nur (für sich) festzulegen, wer sich Schriftsteller
nennen darf, sondern auch, wer Schriftsteller ist (vgl. Bourdieu 1999 : 354), so
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Subtitle
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Author
- Michaela Wolf
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 442
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437