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Geschichte
Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 369 Einerseits handelt es sich im »ethnisch-kulturell dicht durchmischten Habs- burgerstaat« (Stachel 2001 : 20) um Kommunikationsvorgänge und Transfer- prozesse, zu denen etwa auch Reisebeschreibungen293 oder die Mittlertätigkeit von Buchhändlern und Kaufleuten zählen (vgl. Espagne 1997), andererseits ist es die für die Monarchie besonders merkmalhafte Zwei- und Vielsprachigkeit, die die Komplexität dieses Raumes ausmacht. Hier treffen somit alle jene Pro- zesse aufeinander, die sowohl mit als auch ohne Vermittlungsinstanzen zustande kommen. Der Fokus der folgenden Ausführungen liegt auf dem zweitgenannten Charakteristikum. Für die Habsburgermonarchie wird nicht nur Plurilingualität an sich als kon- stitutiv angesehen,294 sondern auch die den dynamischen Prozessen innerhalb eines Kommunikationsraums eingeschriebenen Konfliktsituationen : [W]er in den Habsburgerländern damals wohnte oder den Habsburgern gar (in welcher Funktion auch immer) diente, [konnte] a fortiori vielfältigen Sprachkon- takten und Sprachkonflikten gar nicht aus dem Weg gehen […]. (Goebl 1997 : 106, Hervorh. i. O.) Multiethnischen Gesellschaften ist somit ein Spannungspotenzial inhärent, das durch das Gefälle zwischen Gebrauch und Prestige geprägt ist ; aus einer solchen funktionalen Asymmetrie ergibt sich schließlich eine di- oder polyglossische Hierarchisierung von Sprachen, die die Herrschaftsverhältnisse widerspiegelt (vgl. Rindler-Schjerve 1997 : 17f.). Im Kontext dieser durch Machtverhält- nisse bedingten sprachlichen Konstellationen erscheinen die Unterschiede in der Einstellung zu den verschiedenen sprachlichen Anwendungsbereichen auf- schlussreich : Konflikte gruppieren sich eher um den öffentlichen Gebrauch be- stimmter Sprachen, also in der Verwaltung oder im Unterricht, wo es verstärkt auch um den schriftlichen Gebrauch geht, denn die innerhalb der Privatsphäre 293 Der Zusammenhang zwischen Reisetätigkeit, Reisebeschreibungen und Übersetzen wurde be- reits von Goethe oder auch Schleiermacher thematisiert (vgl. Stark 1999 : 143) und ist auch in jüngerer Zeit wiederholt Diskussionsgegenstand von translationswissenschaftlicher Seite ; vgl. etwa Bassnett (2000) oder Agorni (2002). 294 Der hohe Stellenwert der Multilingualität (und damit – im vorliegenden Kontext – des Über- setzens) und ihre Aktualität für den politischen Alltag im Kommunikationsraum der Habsbur- germonarchie spiegelt sich in der Wahl des Themas, das der Präsident der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Joseph von Hammer-Purgstall, für seinen Festvortrag anlässlich der Feier des fünfjährigen Bestehens der Akademie im Jahr 1852 wählte : »Vortrag über die Vielsprachigkeit« (Hammer-Purgstall 1852 ; vgl. auch Stachel 2001 : 42).
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Subtitle
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Author
Michaela Wolf
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
442
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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