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© 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1/6 a, A-1080 Wien
https://doi.org/10.7767/9783205212355 | CC BY 4.0
Einleitung
8. Germanisten, die vor 1938 in Deutschland tätig waren, nahmen eine Schlüsselrolle für
die Herausbildung und Propagierung des neuen Kanons österreichischer AutorInnen
ein. Der wichtigste „Querschnittfabrikant“ und Vermittler des neuen österreichischen
Kanons war der aus Wien stammende, bis 1937 in Danzig, dann in Münster und ab
1943 wieder in seiner Heimatstadt lehrende Heinz Kindermann, der in der Zeit des Na-
tionalsozialismus neben der umfassenden Deutschen Literatur […] in Entwicklungsreihen
weitere zehn Anthologien herausgab, fünf davon sind hier ausgewertet. Der prominent
in Berlin lehrende und daselbst bestens vernetzte Wiener Franz Koch trat nicht mit An-
thologien hervor, wohl aber 1935 mit einer programmatischen Studie über Gegenwarts-
dichtung in Österreich. Die kämpferischen Ideologen Karl Wache, mit dem Standardwerk
zum Nationalsozialismus Deutscher Geist in Oesterreich von 1933, und Robert Hohl-
baum, Herausgeber von Heldische Prosa im Jahre 1934, verlegten während des Austro-
faschismus ihren Wirkungsort ins sichere Deutschland. Auch Norbert Langer ist in die-
sem Zusammenhang zu nennen. In Österreich verblieben der Wiener Adalbert Schmidt
mit drei Sammelbänden aus dem Jahr 1939. Ebenfalls Germanist war der nach 1938
einflussreichste Funktionär unter ihnen, Anton Haasbauer, der erst ab 1942 mit drei
Anthologien in seinem nach 1938 okkupierten Verlag hervortrat, ebenso wie der bestens
vernetzte Funktionär Edgar Traugott, der sich auf die SA-Kampfzeit konzentrierte.
9. AutorInnen des Handbuchs als Herausgeber von Anthologien:
a. vor dem „Anschluss“: Robert Hohlbaum – Wilhelm Kadletz – Heinz Kindermann
(2) – Norbert Langer – Max Morold – Josef Friedrich Perkonig (2) – Josef Pfandler
(2)
– Friedrich Sacher
– Fritz Seelig
– Alois Karl Seyfried
– Franz Taucher
– Karl Wache
–
Heinz Wittmann
– Della Zampach
b. danach: Franz Brauner
– Veit Bürkle
– Ottokar Drumbl
– Anton Fellner
– Franz Karl
Ginzkey (2) – Anton Haasbauer (3) – Anton Hadwiger – Mirko Jelusich – Wilhelm
Kadletz – Günter Kaufmann – Paul Anton Keller – Heinz Kindermann (3) – Martin
Kreißler – Emil Franz Lorenz – Max Mell – Karl Paulin – Josef Friedrich Perkonig –
Kurt Pichler – Josef Walter Pollak – Erwin Herbert Rainalter – Baldur von Schirach –
Adalbert Schmidt (3) – Rudolf Seidl – Karl Springenschmid – [Max Stebich] – Edgar
Traugott (3)
– Kurt Ziesel (2).
Die „Monozentrierung des kulturellen Sinns“ durch die nationalsozialistische Diktatur
manifestiert sich in einer rigiden Kanonbildung mit scharfen Außengrenzen. Die
historische Rekonstruktion dessen, was als Kanon des „Dritten Reiches“ gelten kann,
bedarf einer komplexen Herangehensweise. Der 1992 von Uwe-K. Ketelsen eruierte
„Kernkanon“ des NS beruht auf Nennungen in zehn Literaturgeschichten des „Dritten
Reiches“.156 Er reduzierte ihn auf die sinnstiftende Sichtweise zeitgenössischer Germanisten.
Barbian erweiterte die Basis für die Eruierung eines Kanons über die Sicht dreier
156 Ketelsen94, 84
ff.
Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
Band 5 der Reihe Literatur in Österreich 1938–1945
- Title
- Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
- Subtitle
- Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
- Author
- Uwe Baur
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21235-5
- Size
- 17.3 x 24.4 cm
- Pages
- 478
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Das Gesamtwerk 9
- Vorbemerkung zu diesem Band 13
- 1. Zensur und Förderung 15
- Einleitung 15
- Österreichische Listen 1933–1938 17
- Einleitung 17
- Der Bücherbrief (1932) 24
- Die Wegtafel (Mai 1933) 25
- Die deutsche Dichtung Österreichs (9.6.1933) 25
- Die Säuberung des deutschen Buchwesens vom jüdischen Geiste im Deutschen Reiche und wir Österreicher (Juni 1933) 26
- Dichterbuch (1933) 27
- Indizierungslisten Österreichs 1933–1938 28
- Liste der zu fördernden bzw. der abzulehnenden Schriftsteller (1935) 30
- Gegenwartsdichtung in Österreich (1935) 32
- Geist und Macht (1938) 33
- Österreich. Ein Bücherverzeichnis (1938) 34
- Deutsche Listen 1933–1945 35
- a. Verbotslisten 35
- b. Zentrale Empfehlungslisten 50
- Schriftsteller-Verzeichnis der Reichsschrifttumskammer (1942) 50
- Nationalsozialistische Bibliographie der Parteiamtlichen Prüfungskommission (1936–1943) 54
- Jahres-Gutachten-Anzeiger des Amtes Rosenberg (1936–1944) 56
- Kataloge zur „Woche des deutschen Buches“ des RMVP (1936–1942) 62
- Gottbegnadeten-Liste 65
- c. Spartenbezogene Empfehlungslisten 68
- 1. Jugendschriften-Verzeichnisse 68
- Einleitung 68
- Das Jugendbuch im Dritten Reich (1933) 69
- Das Buch der Jugend (1934–1942) 70
- Das Buch der deutschen Jugend (1939/40) –
- Das deutsche Jugendbuch (1940/41) 74
- 2. Vorschlagslisten für Dichterlesungen 76
- 3. Empfehlungslisten für Leihbüchereien und Buchhandlungen 79
- 4. Sonstige 84
- Das deutsche Bauernschrifttum in der deutschen Dichtung (Amt Rosenberg 1933) 84
- Einladungsliste für kulturelle Veranstaltungen und Empfänge (RPA Wien, Juni 1940) 85
- Geburtstagsbücher für den Führer (Amt Rosenberg 1943) 85
- Entnazifizierung 87
- Österreich 87
- Liste der gesperrten Autoren und Bücher (1946)/Nachträge 87
- Deutschland 90
- Liste der auszusondernden Literatur/Nachträge (1946–1953) 90
- 2. Vereine im literarischen Feld Österreichs 1933–1945 95
- Einleitung 95
- Literarische Gruppenbildungen nach dem liberalen Vereinsgesetz bis 1938 96
- Literarische Vereine im totalitären „Ständestaat“ 99
- Landeskulturamt der NSDAP-Landesleitung Österreich (1933–11.7.1938) 100
- Vereine im Nationalsozialismus ab März 1938 105
- Chronologie der literarischen Gesellschaften und Autorengruppen in Österreich zwischen 1933 und 1945 113
- Literarische Gesellschaften und Autorengruppen A–Z 119
- 3. Anthologien 1933–1945 271