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Einführung |
19Original
und Rekonstruktion
Weltkrieg zur Rettung des noch erhaltenen Bestandes und zur Wiederherstellung des
früheren Raumeindrucks teilweise erneuert oder überhaupt rekonstruiert werden.8
Kunstobjekte, die nicht mit dem Gütesiegel »original« oder »weitgehend original«
ausgezeichnet werden können, zählen in aller Regel in Museen nicht zu den Ausstel-
lungsexponaten und im seriösen Kunsthandel nicht zu den Gegenständen, die man
veräußern würde. Problematisch ist selbstverständlich auch die Aufnahme solcher Mö-
bel in eine Forschungsarbeit über barocke Kirchenausstattungen. Um aber Stücke wie
jene in Wilten, Innsbruck oder Salzburg wegen ihrer Bedeutung für die Geschichte des
Möbels nicht zu übergehen, sollen im anschließenden Katalog auch einige stark restau-
rierte Exemplare vorgestellt werden. Dabei sei jedoch betont, dass die Fotodokumenta-
tion fast ausschließlich Möbel bzw. Teile von Möbeln enthält, die noch der Barockzeit
entstammen, und nur ausnahmsweise Möbelstücke, die bei der Wiederherstellung des
dezimierten Bestandes stark zerstörter Interieurs als originalgetreue Rekonstruktionen
angefertigt wurden. Allerdings fällt die auf einer rein makroskopischen Begutachtung
beruhende Entscheidung, welche Stücke original und welche rekonstruiert sind, mit-
unter äußerst schwer. Hilfreich ist da die Suche nach typischen, bei der Herstellung der
Garnituren entstandenen Bearbeitungsspuren sowie nach klimatischen Schäden und
Gebrauchsspuren, die barocke Kirchenmöbel gewöhnlich aufweisen (Abb.
22, 201, 231,
328). Ferner bekunden Inventarstücke, die sicher in der Frühneuzeit gefertigt wurden,
in Verbindung mit Vorkriegsaufnahmen und Restaurierungsunterlagen die Vorgehens-
weise der Restauratoren in den zerstörten Sakralanlagen. Selbstverständlich gibt der
Katalogteil aber Auskunft über die jeweilige Geschichte der präsentierten Beispiele
und weist wie im Falle der Beichtstühle der Salzburger Domkirche (Abb. 122), bei
deren Nachbau man interpretativ vorging, auf die im Kontext teils bedeutenden, teils
weniger bedeutenden formalen Unterschiede hin.
Schließlich bezeugen häufige Nachfragen von verantwortlicher Seite die Notwen-
digkeit, mit solchen und ähnlichen Beispielen die gravierenden Differenzen zwischen
unterschiedlichen Restaurierungskonzepten aufzuzeigen. Sie betreffen nicht nur äs-
thetische Überlegungen, sondern auch die gegensätzlichen Botschaften, die verschie-
dene Arten von Überarbeitungen transportieren. Tatsächlich tobt in vielen Gemein-
den ein sich an diversen Fragen entzündender Kulturkampf zwischen Traditionalisten
auf der einen und Befürworten von Erneuerungskonzepten auf der anderen Seite. Die
radikalsten dieser zweiten Gruppe scheuen bei der Realisierung ihrer Pläne nicht da-
vor zurück, massiv in den originalen Bestand einzugreifen und ein über die Jahrhun-
derte gewachsenes Gesamtbild zu verändern, manchmal gar zu zerstören. Die Dignität
historischer Einrichtungen bleibt ihnen fremd. Diskussionen über eine sinnvolle Vor-
8 Vgl. zur Problematik etwa Reinhardt, Rekonstruktion (2011), außerdem Bohrloch, Rekonstruktion (2011).
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Volume II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Title
- Sakralmöbel aus Österreich
- Subtitle
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Volume
- II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Author
- Michael Bohr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21246-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 628
- Keywords
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Vorwort 11
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Die Auftragsvergabe 27
- II. Handwerker und Kunsthandwerker 35
- III. Künstlerische Inventionen, Modelle und Entwürfe 43
- Zur Geschichte 43
- Allgemeines 44
- Modelle für Sakralmöbel 45
- Die Frage nach der Urheberschaft von Entwürfen für Sakralmöbel 47
- Entwürfe und Modelle von Architekten und Baumeistern 47
- Entwürfe und Modelle von »Tischler-Architekten« 50
- Entwürfe und Modelle von Tischlern und Zimmerleuten 51
- Entwürfe von Bildhauern und Bildschnitzern 53
- Entwürfe eines Theateringenieurs und eines Theaterdekorateurs 53
- Entwürfe von Ornamentkünstlern und die Rezeption von Ornamentstichen 54
- Entwürfe von Stuckateuren und die Rezeption von Stuckarbeiten 55
- IV. Barocke Möbel und sakraler Raum 57
- V. Zeittypische Stilbildungen 69
- VI. Österreichische Kunstlandschaften und regionale
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 91
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 91
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 91
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 92
- I. Sakralbauten im Burgenland 93
- II. Sakralbauten in Kärnten 114
- Friesach, Stadtpfarrkirche hl. Bartholomäus 114
- Gösseling, Filialkirche hl. Michael 120
- Griffen, Ehemaliges Prämonstratenserstift 122
- Griffen, Alte Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 122
- Griffen, Pfarr- und ehemalige Stiftskirche Mariae Himmelfahrt 125
- Gurk, Konkathedrale und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 129
- Klagenfurt, Dom- und Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul 146
- Loschental, Filialkirche hl. Josef 151
- Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal 154
- Villach, Stadthauptpfarrkirche hl. Jakob d. Ä 171
- Völkermarkt, Stadtpfarrkirche hl. Maria Magdalena 177
- III. Sakralbauten in Salzburg/Stadt und Land 183
- Maria Plain, Wallfahrtskirche Maria Plain (Maria Himmelfahrt) 183
- Mattsee, Kollegiatstift 189
- Michaelbeuern, Benediktinerstift 196
- Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter 206
- Salzburg, Dreifaltigkeitskirche 219
- Salzburg, Metropolitankirche hll. Rupert und Virgil 229
- Salzburg, St. Markus 244
- Salzburg-Mülln, Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau Mariae
- Himmelfahrt 248
- IV. Sakralbauten in der Steiermark 255
- Frauenberg, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Opferung 255
- Graz, Barmherzige Brüder, Kloster und Spital 263
- Graz, Dom- und Pfarrkirche St. Ägidius 272
- Graz, Franziskanerkloster 289
- Graz, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariatrost 292
- Graz, Pfarrkirche St. Andrä 305
- Graz, Welsche Kirche / Kirche hl. Franz de Paula 309
- Gröbming, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 312
- Mariahof, Pfarrkirche hl. Maria 323
- Neuberg an der Mürz, Pfarrkirche Maria Himmelfahrt 333
- Pöllau, Pfarrkirche St. Veit 347
- Pürgg, Pfarrkirche St. Georg 359
- Rein, Zisterzienserstift 365
- Rottenmann, Stadtpfarrkirche St. Nikolaus 381
- St. Lambrecht, Benediktinerabtei 386
- Vorau, Augustiner-Chorherrenstift 404
- V. Sakralbauten in Tirol 419
- Bad Mehrn, Filialkirche hl. Bartholomäus 419
- Brixlegg, Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 424
- Innsbruck, Hofkirche zum hl. Kreuz 430
- Innsbruck, Jesuitenkirche zur hl. Dreifaltigkeit 437
- Innsbruck, Servitenkloster 449
- Kramsach, Maria Thal, Pfarrkirche hl. Dominikus 459
- Kundl, Filial- und Wallfahrtskirche St. Leonhard auf der Wiese 469
- St. Georgenberg, Benediktinerabtei 478
- Stams, Zisterzienserabtei 487
- Wilten, Prämonstratenser-Chorherrenstift 513
- VI. Sakralbauten in Vorarlberg 525
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse – Literatur- Zusammenfassung und Ausblick
- Ziele der Untersuchung 551
- Zum strukturellen Aufbau der beiden Bücher 551
- Auftraggeber und Finanziers der Ausstattungen 552
- Wer waren die Tischler ? 553
- Wer waren die Entwerfer der Möbelgarnituren ? 555
- Zusammenarbeit von Tischlern mit anderen Gewerken 556
- Sakralmöbel und Ambiente 558
- Vermittlung und Weitergabe neuer Formen – Österreichische
- Kunstlandschaften 560
- Fazit und Ausblick 562
- Glossar 564
- Ortsindex 573
- Künstlerverzeichnis 577
- Abkürzungsverzeichnis 582
- Abbildungsnachweis 586
- Literaturverzeichnis 587