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30 | Die Auftragsvergabe
den die Abtei Rein 1767 mit dem Tischler Johannes Kerner aushandelte. Der aus
Graz stammende Handwerker verpflichtete sich, handwerkliche Mängel, die innerhalb
eines Jahres an seinen Arbeiten auftreten würden, unentgeltlich zu beseitigen.10 Vor
welche Schwierigkeiten sich Tischler zumindest in den Städten bei der Beschaffung
geeigneten Holzes gestellt sahen, wurde bereits im ersten Band der Untersuchung the-
matisiert. In Zünften organisierte Holzhändler hatten das Monopol auf die Lagerung
und den Verkauf des auf dem Wasser- und Landweg herbeigeschafften Holzes. Alte
Stadtansichten zeigen es zu großen Stapeln aufgeschichtet an den Flussufern, während
die Handwerker selbst aufgrund rechtlicher Bestimmungen bei ihrer Werkstatt nor-
malerweise nur kleine Holzvorräte deponieren durften.11 Die Innungen der Tischler
überwachten den Handel und teilten den Handwerkern bestimmte Tranchen zu. Kein
Tischler sollte größere Holzmengen als seine Kollegen erhalten, keiner benachteiligt
werden. Hilfreich war im Hinblick auf die Besorgung des Werkmaterials der Umstand,
dass viele Abteien ausgedehnte Forstreviere und eigene Sägemühlen besaßen, zudem
verfügten sie über weitreichende Netzwerke, die bei der Suche und dem Erwerb der
gewünschten Materialien behilflich waren. Das Kloster Lambach etwa stellte das für
den Bau von Sakristeimöbeln benötigte Fichtenholz zur Verfügung, während das Stift
Dürnstein für die Herstellung neuer Möbel nicht nur das Blindholz, sondern auch die
erforderlichen Furniere lieferte. Für die Fertigung des Klosterneuburger Chorgestühls
wurde Holz von verschiedener Seite angekauft : vom Wiener Tischlermeister Leopold
Morder, einem der wenigen Handwerker, denen die Einlagerung größerer Holzmen-
gen gestattet war, von einem Händler namens Matthias Röschak sowie von nicht näher
bezeichneten Bezugsquellen in Korneuburg, Steyr und Grein. Und die Grazer Jesu-
itenkommunität erwarb zum Bau der Möbel für ihre Stiftskirche Nussholz in Weiz
sowie Olivenholz in Triest und Laibach. Wir werden im entsprechenden Abschnitt der
Arbeit darauf zurückkommen.
Der Auflistung von Schiffers Pflichten folgen im Vertragstext die Obliegenheiten
des Konvents. Zunächst wird die Höhe des Lohns fixiert. Abt Placidus versprach dem
Tischler für jede Chorstalle und jede an der Rückwand angebrachte Muschel 30 kr, für
die Spiegel auf den Füllungen 12 kr, für Außenwangen und Türen jeweils 4 fl.12 Mally
und Schiffer haben also schon vor Arbeitsbeginn den Preis für das Werk ausgehandelt,
sonst wurden solche Verhandlungen oft erst nach Beendigung der Arbeiten geführt.
10 StAR, Lade M/XXXV (Tischler), 12. April 1767.
11 Bohr, Sakralmöbel (2017), 43–44.
12 60 Kreuzer entsprachen einem Gulden. Der Göttweiger Hoftischler Heinrich Johann Holdermann
(1697–1739) erhielt in den 1730er-Jahren einen Tageslohn von 30 kr, je nach der Anzahl der arbeits-
freien Festtage wöchentlich etwa zweieinhalb bis drei fl, darüber hinaus verrechnete er noch bestimmte
Leistungen. Bohr, Handwerkersaläre (2011), 352–357.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Volume II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Title
- Sakralmöbel aus Österreich
- Subtitle
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Volume
- II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Author
- Michael Bohr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21246-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 628
- Keywords
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Vorwort 11
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Die Auftragsvergabe 27
- II. Handwerker und Kunsthandwerker 35
- III. Künstlerische Inventionen, Modelle und Entwürfe 43
- Zur Geschichte 43
- Allgemeines 44
- Modelle für Sakralmöbel 45
- Die Frage nach der Urheberschaft von Entwürfen für Sakralmöbel 47
- Entwürfe und Modelle von Architekten und Baumeistern 47
- Entwürfe und Modelle von »Tischler-Architekten« 50
- Entwürfe und Modelle von Tischlern und Zimmerleuten 51
- Entwürfe von Bildhauern und Bildschnitzern 53
- Entwürfe eines Theateringenieurs und eines Theaterdekorateurs 53
- Entwürfe von Ornamentkünstlern und die Rezeption von Ornamentstichen 54
- Entwürfe von Stuckateuren und die Rezeption von Stuckarbeiten 55
- IV. Barocke Möbel und sakraler Raum 57
- V. Zeittypische Stilbildungen 69
- VI. Österreichische Kunstlandschaften und regionale
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 91
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 91
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 91
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 92
- I. Sakralbauten im Burgenland 93
- II. Sakralbauten in Kärnten 114
- Friesach, Stadtpfarrkirche hl. Bartholomäus 114
- Gösseling, Filialkirche hl. Michael 120
- Griffen, Ehemaliges Prämonstratenserstift 122
- Griffen, Alte Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 122
- Griffen, Pfarr- und ehemalige Stiftskirche Mariae Himmelfahrt 125
- Gurk, Konkathedrale und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 129
- Klagenfurt, Dom- und Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul 146
- Loschental, Filialkirche hl. Josef 151
- Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal 154
- Villach, Stadthauptpfarrkirche hl. Jakob d. Ä 171
- Völkermarkt, Stadtpfarrkirche hl. Maria Magdalena 177
- III. Sakralbauten in Salzburg/Stadt und Land 183
- Maria Plain, Wallfahrtskirche Maria Plain (Maria Himmelfahrt) 183
- Mattsee, Kollegiatstift 189
- Michaelbeuern, Benediktinerstift 196
- Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter 206
- Salzburg, Dreifaltigkeitskirche 219
- Salzburg, Metropolitankirche hll. Rupert und Virgil 229
- Salzburg, St. Markus 244
- Salzburg-Mülln, Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau Mariae
- Himmelfahrt 248
- IV. Sakralbauten in der Steiermark 255
- Frauenberg, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Opferung 255
- Graz, Barmherzige Brüder, Kloster und Spital 263
- Graz, Dom- und Pfarrkirche St. Ägidius 272
- Graz, Franziskanerkloster 289
- Graz, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariatrost 292
- Graz, Pfarrkirche St. Andrä 305
- Graz, Welsche Kirche / Kirche hl. Franz de Paula 309
- Gröbming, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 312
- Mariahof, Pfarrkirche hl. Maria 323
- Neuberg an der Mürz, Pfarrkirche Maria Himmelfahrt 333
- Pöllau, Pfarrkirche St. Veit 347
- Pürgg, Pfarrkirche St. Georg 359
- Rein, Zisterzienserstift 365
- Rottenmann, Stadtpfarrkirche St. Nikolaus 381
- St. Lambrecht, Benediktinerabtei 386
- Vorau, Augustiner-Chorherrenstift 404
- V. Sakralbauten in Tirol 419
- Bad Mehrn, Filialkirche hl. Bartholomäus 419
- Brixlegg, Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 424
- Innsbruck, Hofkirche zum hl. Kreuz 430
- Innsbruck, Jesuitenkirche zur hl. Dreifaltigkeit 437
- Innsbruck, Servitenkloster 449
- Kramsach, Maria Thal, Pfarrkirche hl. Dominikus 459
- Kundl, Filial- und Wallfahrtskirche St. Leonhard auf der Wiese 469
- St. Georgenberg, Benediktinerabtei 478
- Stams, Zisterzienserabtei 487
- Wilten, Prämonstratenser-Chorherrenstift 513
- VI. Sakralbauten in Vorarlberg 525
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse – Literatur- Zusammenfassung und Ausblick
- Ziele der Untersuchung 551
- Zum strukturellen Aufbau der beiden Bücher 551
- Auftraggeber und Finanziers der Ausstattungen 552
- Wer waren die Tischler ? 553
- Wer waren die Entwerfer der Möbelgarnituren ? 555
- Zusammenarbeit von Tischlern mit anderen Gewerken 556
- Sakralmöbel und Ambiente 558
- Vermittlung und Weitergabe neuer Formen – Österreichische
- Kunstlandschaften 560
- Fazit und Ausblick 562
- Glossar 564
- Ortsindex 573
- Künstlerverzeichnis 577
- Abkürzungsverzeichnis 582
- Abbildungsnachweis 586
- Literaturverzeichnis 587