Page - 37 - in Sakralmöbel aus Österreich - Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Volume II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
Image of the Page - 37 -
Text of the Page - 37 -
Handwerker und Kunsthandwerker |
37Arbeitsgemeinschaften
der H
Entsprechend ging der Konvent des Klosters Melk beim Bau des Gestühls für seine
Stiftskirche vor. Verantwortlich waren die Tischler Augustin Keller (1680–1748) und
Ferdinand Kreuzer (1692–1767), die die Möbel 1736/37 mit je zwei Gesellen fertig-
ten.32 Für den Schnitzzierrat war der Bildhauer Johann Georg Äxenmacher († 1763)
zuständig, in dessen Atelier sicher ebenfalls mehrere Gesellen ihren Lebensunterhalt
verdienten. Wir wissen nicht, ob Keller, Kreuzer und Äxenmacher jeweils eine eigene
Werkstatt unterhielten oder eine Ateliergemeinschaft leiteten.33 Solch eine Gemein-
schaft hätte zwar dem Geist der Zunftordnungen widersprochen, die für jede Werk-
statt nur einen Meister vorsahen, dürfte aber dennoch vorgekommen sein, weil sich
durch die Bildung von Sozietäten Kosten senken und Risiken beim Ausbleiben von
Aufträgen oder bei einem Zahlungsverzug der Auftraggeber reduzieren ließen. Letz-
teres war in der vorbürgerlichen Epoche gang und gäbe.34 Neben langlebigen Ge-
meinschaften bildeten sich wahrscheinlich auch temporäre Werkstattgemeinschaften,
die zur Ausführung eines besonders arbeits- und zeitintensiven Auftrags zustande ka-
men.35 Leider ist es in der Regel nicht möglich, eine überzeugende Händescheidung
zwischen den in den Verträgen genannten Meistern und ihren Mitarbeitern vorzuneh-
men.36 Innerhalb der Betriebe war die Zusammenarbeit unter den Handwerkern so
eng, dass die Identifizierung einzelner Persönlichkeiten anhand stilistischer Merkmale
kaum zu bewerkstelligen ist. Als Gegenbeispiel mag auf das Chorgestühl von Dürn-
stein verwiesen werden.37 Die Herstellung der Tischlerarbeiten lag in der Obhut des
bereits erwähnten Hippolyt Nallenburg, die Erzeugung der Reliefs in der des Bild-
hauers Johann Schmidt (1684–1761). Die divergierende Qualität der Darstellungen
ist nicht zu übersehen, weshalb davon auszugehen ist, dass einige Reliefs aus der Hand
eines Mitarbeiters Schmidts stammen. Wer dieser Mitarbeiter gewesen sein könnte,
entzieht sich allerdings unserer Kenntnis. Aus Abrechnungen mit Schmidt geht au-
ßerdem hervor, dass ein Geselle den Ornamentzierrat schnitt, doch kann auch dessen
Name aus den relevanten Schriftquellen nicht erschlossen werden.38 Sicher dürfte in-
32 Zu Keller und Kreuzer vgl. https://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/st-poelten/melk ; Trauungs-
und Sterbebuch 02,3-03, Tod_0154 bzw. Tod_0364 [Zugriff Juni 2020].
33 Ähnliche Arbeitsformen lassen sich bereits im 15.
Jahrhundert in Italien nachweisen. Borsook, Business
(1983), 144.
34 Sangl, Hofschreinerhandwerk (1990), 80–82 ; Bohr, Sakralmöbel (2017), 46.
35 Das wurde für Frankreich untersucht. Scott, Interior (1995), 16–19.
36 Das gilt für Tischlerwerkstätten und Bildhauerateliers gleichermaßen. Schemper-Sparholz, Barockbild-
hauer (1992), 333.
37 Bohr, Sakralmöbel (2017), 273–277. Ein weiteres Gegenbeispiel liegt mutmaßlich in Möbeln in der
Pfarr- und ehemaligen Domkirche zu Gurk vor (Abb. 34–37).
38 Penz, Kalendernotizen (2013), 252–253, 265, 267.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Volume II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Title
- Sakralmöbel aus Österreich
- Subtitle
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Volume
- II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Author
- Michael Bohr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21246-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 628
- Keywords
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Vorwort 11
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Die Auftragsvergabe 27
- II. Handwerker und Kunsthandwerker 35
- III. Künstlerische Inventionen, Modelle und Entwürfe 43
- Zur Geschichte 43
- Allgemeines 44
- Modelle für Sakralmöbel 45
- Die Frage nach der Urheberschaft von Entwürfen für Sakralmöbel 47
- Entwürfe und Modelle von Architekten und Baumeistern 47
- Entwürfe und Modelle von »Tischler-Architekten« 50
- Entwürfe und Modelle von Tischlern und Zimmerleuten 51
- Entwürfe von Bildhauern und Bildschnitzern 53
- Entwürfe eines Theateringenieurs und eines Theaterdekorateurs 53
- Entwürfe von Ornamentkünstlern und die Rezeption von Ornamentstichen 54
- Entwürfe von Stuckateuren und die Rezeption von Stuckarbeiten 55
- IV. Barocke Möbel und sakraler Raum 57
- V. Zeittypische Stilbildungen 69
- VI. Österreichische Kunstlandschaften und regionale
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 91
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 91
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 91
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 92
- I. Sakralbauten im Burgenland 93
- II. Sakralbauten in Kärnten 114
- Friesach, Stadtpfarrkirche hl. Bartholomäus 114
- Gösseling, Filialkirche hl. Michael 120
- Griffen, Ehemaliges Prämonstratenserstift 122
- Griffen, Alte Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 122
- Griffen, Pfarr- und ehemalige Stiftskirche Mariae Himmelfahrt 125
- Gurk, Konkathedrale und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 129
- Klagenfurt, Dom- und Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul 146
- Loschental, Filialkirche hl. Josef 151
- Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal 154
- Villach, Stadthauptpfarrkirche hl. Jakob d. Ä 171
- Völkermarkt, Stadtpfarrkirche hl. Maria Magdalena 177
- III. Sakralbauten in Salzburg/Stadt und Land 183
- Maria Plain, Wallfahrtskirche Maria Plain (Maria Himmelfahrt) 183
- Mattsee, Kollegiatstift 189
- Michaelbeuern, Benediktinerstift 196
- Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter 206
- Salzburg, Dreifaltigkeitskirche 219
- Salzburg, Metropolitankirche hll. Rupert und Virgil 229
- Salzburg, St. Markus 244
- Salzburg-Mülln, Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau Mariae
- Himmelfahrt 248
- IV. Sakralbauten in der Steiermark 255
- Frauenberg, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Opferung 255
- Graz, Barmherzige Brüder, Kloster und Spital 263
- Graz, Dom- und Pfarrkirche St. Ägidius 272
- Graz, Franziskanerkloster 289
- Graz, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariatrost 292
- Graz, Pfarrkirche St. Andrä 305
- Graz, Welsche Kirche / Kirche hl. Franz de Paula 309
- Gröbming, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 312
- Mariahof, Pfarrkirche hl. Maria 323
- Neuberg an der Mürz, Pfarrkirche Maria Himmelfahrt 333
- Pöllau, Pfarrkirche St. Veit 347
- Pürgg, Pfarrkirche St. Georg 359
- Rein, Zisterzienserstift 365
- Rottenmann, Stadtpfarrkirche St. Nikolaus 381
- St. Lambrecht, Benediktinerabtei 386
- Vorau, Augustiner-Chorherrenstift 404
- V. Sakralbauten in Tirol 419
- Bad Mehrn, Filialkirche hl. Bartholomäus 419
- Brixlegg, Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 424
- Innsbruck, Hofkirche zum hl. Kreuz 430
- Innsbruck, Jesuitenkirche zur hl. Dreifaltigkeit 437
- Innsbruck, Servitenkloster 449
- Kramsach, Maria Thal, Pfarrkirche hl. Dominikus 459
- Kundl, Filial- und Wallfahrtskirche St. Leonhard auf der Wiese 469
- St. Georgenberg, Benediktinerabtei 478
- Stams, Zisterzienserabtei 487
- Wilten, Prämonstratenser-Chorherrenstift 513
- VI. Sakralbauten in Vorarlberg 525
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse – Literatur- Zusammenfassung und Ausblick
- Ziele der Untersuchung 551
- Zum strukturellen Aufbau der beiden Bücher 551
- Auftraggeber und Finanziers der Ausstattungen 552
- Wer waren die Tischler ? 553
- Wer waren die Entwerfer der Möbelgarnituren ? 555
- Zusammenarbeit von Tischlern mit anderen Gewerken 556
- Sakralmöbel und Ambiente 558
- Vermittlung und Weitergabe neuer Formen – Österreichische
- Kunstlandschaften 560
- Fazit und Ausblick 562
- Glossar 564
- Ortsindex 573
- Künstlerverzeichnis 577
- Abkürzungsverzeichnis 582
- Abbildungsnachweis 586
- Literaturverzeichnis 587