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Der Kampf mit dem Dämon - Hölderlin · Kleist · Nietzsche
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Kleist, dieser schwelgerische Triebmensch, beides Naturen, denen die konkrete Geisteskälte Kants und all der Spekulativen nach ihm absolut kontrapunktisch entgegengesetzt war, werfen sich aus einem Unsicherheitsgefühl – nicht aus einem Instinkt – in das ihnen feindliche Element. Und auch Hölderlin meint, sich verpflichtet zu sein, den ästhetisch- philosophischen Jargon der Zeit zu reden, und alle Briefe aus der Jenenser Epoche sind voll von schalen Begriffsdeuteleien, von jenen rührend kindlichen Anstrengungen des Philosophierenwollens, das so sehr wider sein tieferes Wissen, sein unendliches Ahnen war. Denn Hölderlin ist geradezu der Typus eines illogischen, ja unintellektuellen Geistes, seine Gedanken, oft großartig wie Blitze aus irgendeinem Himmel der Genialität niederzuckend, bleiben absolutpaarungsunfähig, ihr magisches Chaos widerstrebt jeder Bindung und Verflechtung. Was er vom »bildenden Geiste« sagt: Nur was blühet, erkenn ich, Was er sinnet, erkenn ich nicht, das deutet ahnungsvoll seine Grenze: nur die Ahnung des Werdens vermag er auszudrücken, nicht die Schemata, die Begriffe des Seins zu gestalten. Hölderlins Ideen sind Meteore – Himmelssteine und nicht Blöcke aus einem irdischen Steinbruch, mit geschliffenen Kanten zu einer starren Mauer (jedes System ist eine Mauer) zu schichten. Sie liegen frei in ihm, wie sie niederstürzen, er braucht sie nicht zu formen, nicht zu schleifen; und was Goethe einmal von Byron sagt, trifft tausendmal besser auf Hölderlin zu: »Er ist nur groß, wenn er dichtet. Wenn er reflektiert, ist er ein Kind.« Dieses Kind aber setzt sich in Weimar auf Fichtens, auf Kantens Schulbank und würgt so verzweifelt mit Doktrinen, daß Schiller selbst ihn mahnen muß: »Fliehen Sie womöglich die philosophischen Stoffe, sie sind die undankbarsten … , bleiben Sie der Sinnenwelt näher, so werden Sie weniger in Gefahr sein, die Nüchternheit in der Begeisterung zu verlieren.« Und es dauert lange, bis Hölderlin die Gefahr der Nüchternheit gerade im Irrgarten der Logik erkennt, das feinste Barometer seines Wesens, die sinkende Produktion erst zeigt ihm an, daß er, der Flugmensch, in eine Atmosphäre geraten ist, die auf seine Sinne drückt. Dann erst stößt er gewaltsam die systematische Philosophie von sich: »Ich wußte lange nicht, warum das Studium der Philosophie, das sonst den hartnäckigen Fleiß, den es erfordert, mit Ruhe belohnt, warum es mich, je uneingeschränkter ich mich ihm hingab, nur um so friedloser und selbst leidenschaftlich machte. Und ich erkläre es mir jetzt daraus, daß ich in höherem Grade, als es nötig war, mich von meiner eigentümlichen Neigung entfernte.« Aber die zweite, die gefährlichere Enttäuschung kommt von den Dichtern. Boten des Überschwangs waren sie ihm von ferne erschienen, Priester, die 50
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Der Kampf mit dem Dämon Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Titel
Der Kampf mit dem Dämon
Untertitel
Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Autor
Stefan Zweig
Datum
1925
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
202
Schlagwörter
Literatur, Schriftsteller
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 5
  2. Teil 1 - Hölderlin 15
    1. Die heilige Schar 17
    2. Kindheit 21
    3. Bildnis in Tübingen 26
    4. Mission des Dichters 29
    5. Der Mythus der Dichtung 34
    6. Phaeton oder die Begeisterung 40
    7. Ausfahrt in die Welt 46
    8. Gefährliche Begegnung 48
    9. Diotima 56
    10. Nachtigallengesang im Dunkeln 61
    11. Hyperion 63
    12. Der Tod des Empedokles 68
    13. Das Hölderlinsche Gedicht 74
    14. Sturz ins Unendliche 81
    15. Purpurne Finsternis 87
    16. Scardanelli 91
  3. Teil 2 - Heinrich von Kleist 95
    1. Der Gejagte 97
    2. Bildnis des Bildnislosen 100
    3. Pathologie des Gefühls 103
    4. Lebensplan 111
    5. Ehrgeiz 115
    6. Der Zwang zum Drama 119
    7. Welt und Wesen 125
    8. Der Erzähler 129
    9. Die letzte Bindung 133
    10. Todesleidenschaft 136
    11. Musik des Untergangs 140
  4. Teil 3 - Friedrich Nietzsche 143
    1. Tragödie ohne Gestalten 145
    2. Doppelbildnis 149
    3. Apologie der Krankheit 153
    4. Der Don Juan der Erkenntnis 161
    5. Leidenschaft der Redlichkeit 166
    6. Wandlungen zu sich selbst 172
    7. Entdeckung des Südens 178
    8. Flucht zur Musik 185
    9. Die siebente Einsamkeit 189
    10. Der Tanz über dem Abgrund 193
    11. Der Erzieher zur Freiheit 199
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