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Kommunen im Klimawandel | 57
Diese Argumentation trifft speziell auf den Klimawandel als einem dezidiert gloka-
lem Phänomen zu, das der Beziehung zwischen städtischer und globaler Ebene noch-
mals eine besondere Bedeutung verleiht (Swyngedouw 2004; Bulkeley 2005; An-
donova und Mitchell 2010): Der globale Klimawandel wird maßgeblich durch lokale
Aktivitäten hervorgebracht und wirkt sich wiederum insbesondere auf lokaler Ebene
aus, bspw. in Form von Extremwetterereignissen, von denen dicht besiedelte Räume
oft besonders betroffen sind. Viele der größten Metropolen weltweit sind zudem Küs-
tenstädte und daher besonders betroffen von steigendem Meerwasserspiegel, Sturm-
fluten und Orkanen. Auch die vermehrt auftretenden Hitzewellen treffen dichtbesie-
delte Orte stärker als ländliche Regionen, da diese sich zusätzlich aufheizen und dort
die Luftzirkulation eingeschränkt ist (OECD 2010; UN-Habitat 2011).
Die folgende Begründung wird daher im Klimadiskurs quasi ubiquitär herange-
zogen (u.a. OECD 2008; Hoornweg 2011; Bulkeley 2013; Evans und Karvonen
2013; Hodson und Marvin 2014a; Voytenko et al. 2016) und wurde hier exemplarisch
aus der Rede des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker (2015) zur Lage
der EU entnommen: „With cities accounting for 70 per cent of greenhouse gas emis-
sions caused by human activities, and 75 per cent of the world’s population living in
urban environments by 2050 – the potential for climate action by cities is huge.“
Städten wird hier eine sehr hohe Klimawirkung zugeschrieben. Gleichzeitig wird
in Städten das Potenzial zur Treibhausgasminderung besonders deutlich, was eine
schnellere Implementierung von konkreten Maßnahmen – oft mithilfe nationaler oder
europäischer Gelder – befördern soll (Bulkeley et al. 2012). Zudem haben viele lo-
kale Regierungen insbesondere in Deutschland einen erheblichen Einfluss auf die
Raumplanung und Entsorgung und spielen eine wichtige Rolle bei Fragen der Mobi-
lität sowie der Energieproduktion und -versorgung. Dies alles sind zentrale Stellhebel
für Minderungspolitiken, das heißt zur Einsparung von THG-Emissionen (Betsill und
Bulkeley 2006). Hier offenbart sich erneut die Annahme, dass im urbanen Raum die
drängendsten Umweltprobleme auf das größte Potenzial für deren effektive Lösun-
gen treffen.
Betsill und Bulkeley (2006: 143) fassen die vier wesentlichen Gründe für die
Problematisierung des Klimawandels als ein Problem lokaler Regierung daher wie
folgt zusammen:
1. In einer hoch urbanisierten Welt sind Städte die primären Orte des Energie-
verbrauchs und der Abfallproduktion. Der Einfluss lokaler Regierungen auf
diese Prozesse variiert, kann aber zentrale Funktionen wie Energieversorgung
und -management, Transport, Raumplanung, Bauvorschriften und Abfallma-
nagement umfassen.
2. Kommunen beschäftigen sich bereits seit den frühen 1990er Jahren mit nach-
haltiger Entwicklung im Rahmen der Lokalen Agenda 21 in einer solchen Art
und Weise, dass dies Auswirkungen auf die Minderung des Klimawandels hat.
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315