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Den guten Praktiken auf der Spur | 73
1. Woher kommt der Begriff „Best Practice“?
2. Was ist unter dem Begriff zu verstehen?
3. Welche Kritik wurde bisher am Best Practice-Ansatz geübt?
4. Wie sieht der aktuelle Forschungsstand zu Best Practices aus?
Aus der Beantwortung dieser Fragen heraus argumentiere ich mein eigenes For-
schungsinteresse und begründe die Wahl meines Forschungsansatzes anhand einer
kritischen Auseinandersetzung mit dem aktuellen Forschungsstand und den vorherr-
schenden theoretischen Zugängen. Bevor ich mich der ersten Frage widme, halte ich
es für den weiteren Verlauf dieser Arbeit zunächst jedoch für notwendig, zwischen
den oft austauschbar verwendeten Begriffen Praxis und Praktiken zu unterscheiden.
In der Praxisforschung stellt der Ausdruck Praxis nur einen emphatischen Begriff
dar, um das gesamte menschliche Handeln – im Gegensatz zu Theorie und bloßem
Denken – zu beschreiben. Praktiken meint aber etwas anderes: Eine Praktik ist eine
routinierte Art des Verhaltens, die aus mehreren Elementen besteht, die miteinander
verbunden sind. Zu diesen zählen bspw. Formen körperlicher und geistiger Aktivitä-
ten, die Verwendung von Dingen, Hintergrundwissen in Form von Verständnis,
Know-how oder auch Emotions- und Motivationswissen. Oder wie Schatzki (1996:
89) pointiert: „[Practice is] a temporarily unfolding and spatially dispersed nexus of
doings and sayings.“ Als fundamentale theoretische Kategorie stellt eine Praktik also
zusammengefasst eine routinierte Art und Weise dar, durch die Körper sich bewegen
bzw. bewegt werden, Objekte und Artefakte gehandhabt, Subjekte behandelt, Dinge
beschrieben werden und die Welt an sich verstanden wird (Reckwitz 2002).
BEGRIFFSGESCHICHTE UND DEFINITION
Eine umfassende Genealogie des Best Practice-Begriffs und seiner historischen Ent-
wicklung wäre zwar ein interessantes, aber den Rahmen dieser Arbeit sprengendes
Unterfangen. Nichtsdestotrotz ist es sinnvoll, einen Überblick über die Entstehung
des Begriffs und der dahinterliegenden Denkweisen zu geben.
Als geistiger Vater der Best Practice-Philosophie gilt Frederick W. Taylor, Be-
gründer der wissenschaftlichen Betriebsführung und des Prinzips des Taylorismus.1
Über 70 Jahre vor der Etablierung von Best Practice in den 1980ern als feststehender
1 Das Kernprinzip des Taylorismus sieht vor, industrielle Produktionsprozesse in ihre ein-
fachsten, standardisierbaren Einzelschritte aufzubrechen und diese in koordinierte und
überwachbare Sequenzen zu übersetzen. Ziel des Taylorismus war es, die Produktionseffi-
zienz insgesamt zu erhöhen, indem der individuelle Tätigkeitsbereich der Arbeiter redu-
ziert und so die Leistung optimiert wird (Gertler 2009).
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315