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Kommunen im Klimawandel | 65
heute ein Nischendasein. Erst in den letzten zehn Jahren im Nachgang der einschnei-
denden Wirtschaftskrise von 2008 entwickelt sich allmählich wieder eine wissen-
schaftliche und gesellschaftliche Debatte unter dem Schlagwort „Degrowth“ (siehe
dazu u.a. Latouche 2010; Levallois 2010; Schneider et al. 2010; Cattaneo et al. 2012;
Kallis et al. 2012; Saed 2012; Victor 2012; D'Alisa et al. 2015).
KLIMAWANDEL ALS PROBLEM KOMMUNALER PRAXIS
In den vorherigen Abschnitten – #Klimawandel als Politikproblem bis #Klimawandel
als ökonomisches Problem – habe ich gezeigt, wie sich der kommunale Klimaschutz
als ein Politikfeld etablierte und wie der Klimawandel diskursiv zu einem Problem
lokaler Regierung gemacht wird. Durch die Perspektive der Problematisierung war
es mir zum einen möglich, die Zeitpunkte herauszuarbeiten, die kritische Momente
der Themenformation repräsentieren. Zum anderen konnte ich über die Diskurse zu
MLG, Urbanisierung und grüner Ökonomie die spezifischen Argumentationsele-
mente herausarbeiten, die das Problemfeld „kommunaler Klimaschutz“ definieren
und so die Grundlage für verschiedene Lösungsansätze schaffen. Verlässt man nun
die analytische Ebene und die dazugehörigen historisch zentralen Dokumente und
Institutionen und betrachtet stattdessen die alltäglich-praktischen Problematisierun-
gen, die ich in Gesprächen und Beobachtungen einfangen konnte, wird ersichtlich,
wie die das Politikfeld prägenden Argumentationslinien in die kommunalpolitische
Praxis übersetzt und angepasst werden.
Obwohl Klimaschutz in der kommunalen Aufgabenstruktur zu den freiwilligen
Selbstverwaltungsaufgaben gehört – was bedeutet, dass die Kommunen selbst dar-
über entscheiden, ob und wie sie Klimaschutzziele verfolgen und Maßnahmen um-
setzen wollen –, begannen einige Kommunen bereits Anfang der 1990er Jahre damit,
Klimaschutz als kommunale Aufgabe zu definieren. Auch wenn sie nicht dazu ver-
pflichtet sind, diskutieren immer mehr deutsche Städte, Gemeinden und Kreise kon-
krete Klimaschutzziele, gehen Selbstverpflichtungen zur THG-Minderung ein und
erarbeiten Klimaschutzkonzepte. So haben sich bspw. mehr als 7.700 europäische
Kommunen (Stand Januar 2018) im Rahmen des Konvents der Bürgermeister frei-
willig zu einer Emissionsreduktion von mindestens 20 Prozent bis 2020 verpflichtet.
Selbst Städte wie Oberhausen – eine der am höchsten verschuldeten Kommunen
Deutschlands (Pagel 2012) – bekennt sich als Mitglied im Klima-Bündnis zum Kli-
maschutz mit einer eigenen Koordinierungsstelle Klimaschutz, einem Klimaschutz-
konzept und zwei Klimaschutzmanagern. Das erfordert eine Menge an Finanz- und
Personalressourcen und das für ein Thema, welches oft als negativ aufgefasst wird,
weil es zu wissenschaftlich, zu komplex, zu politisch und wirtschaftlich umstritten
ist, als dass sich damit bei der breiten Bevölkerung punkten ließe. Im Zuge meiner
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315