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Den guten Praktiken auf der Spur | 81
2. Diese propagierten Ideale orientierten sich meist an den Prinzipien des „New
Public Management“ (NPM; siehe dazu Kapitel #New Public Climate Ma-
nagement), indem bspw. häufig Public-Private-Partnerships (öffentlich-pri-
vate Partnerschaften) als Best Practice dargestellt werden. So trügen Best
Practices auch zur Neoliberalisierung des Städtischen bei. Sie förderten somit
eine zunehmend projektbasierte, desintegrierte Regierungsweise, was eine
langfristige, systematische Steuerung behindere (Overman und Boyd 1994;
Veselý 2011; Moore 2013; Peck und Theodore 2015; Angotti und Irazábal
2017).
3. Weiterhin wird der Best Practice-Methodik vorgeworfen, ein technokratischer
und undemokratischer Steuerungsmechanismus zu sein. Produzenten und
Verbreiter sogenannter Best Practice-Beispiele stellten zumeist ein (globales)
Berater- und Expertentum ohne demokratische Legitimation dar, die so we-
sentlichen Einfluss darauf nehmen könnten, was in bestimmten Politikfeldern
als vorbildliche Problemlösungsstrategie gilt und was nicht (Overman und
Boyd 1994; Courtright 2004; Bulkeley 2006; Webber 2015; Angotti und
Irazábal 2017; Montero 2017).
4. Als wesentlicher Kritikpunkt an der Regierungstechnik Best Practice wird die
Beschneidung der politischen Debatte genannt. Zu häufig blieben Best Prac-
tices unhinterfragt und gelten als gut an sich. Eine solche Naturalisierung be-
stimmter Maßnahmen, die als Best Practice bezeichnet werden, dränge alter-
native Ansätze in den Hintergrund. Wenn die Vielfalt an Maßnahmen, die als
Best Practices akzeptiert sind, zu stark eingeschränkt werde, dann gebe es in
der Konsequenz auch weniger Möglichkeiten der Inspiration und Diskussion.
Ergebnis sei eine zunehmende Depolitisierung ganzer Politikfelder
(Courtright 2004; Radaelli 2004; Vettoretto 2009; Stead 2012; Moore 2013;
Macmillen und Stead 2014; Angotti und Irazábal 2017).
5. Best Practices werden von einigen Autoren als self-fulfilling prophecies kriti-
siert. Oft trage die Selektion und Analyse eines Beispiels als Best Practice erst
dazu bei, dass diese Maßnahme als vorbildlich oder herausragend angesehen
werde (vgl. Kapitel #„Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg!“ und #Zur Per-
formativität von Best Practices). Durch vermehrte (politische) Aufmerksam-
keit sei es für solche Projekte einfacher, Gelder einzuwerben, was das „Funk-
tionieren“ zusätzlich erleichtere (Overman und Boyd 1994; Wolman et al.
2004; Vettoretto 2009; Veselý 2011; Stead 2012, 2013; Moore 2013).
6. Kritiker weisen darauf hin, dass Wissen in Form von Best Practices nie neutral
sein könne, sondern stattdessen stets als Ausdruck eines Konflikts um Macht
und Kontrolle verstanden werden müsse (vgl. Kapitel #Gouvernementalität).
Das Best Practice-Konzept sei hingegen blind für Machverhältnisse und ver-
schleiere (politische) Kämpfe in deren Produktionsprozessen (Overman und
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315