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Den guten Praktiken auf der Spur | 85
kommuniziert werden. Als Klassiker der Diffusionsforschung gelten Arbeiten wie
die von Walker (1969) und Gray (1973), die sich damit auseinandersetzen, wie sich
Politikinnovationen zwischen den US-Staaten verbreiten und warum einige Staaten
schneller Innovationen adaptieren als andere. Den Grundstein für diese Art der Dif-
fusionsforschung legte (Rogers [1962] 1995), der Diffusion als einen Kommunikati-
onsprozess beschreibt, durch den eine Innovation (eine neue Idee, Praktik oder Tech-
nologie) in einem bestimmten Zeitraum über bestimmte Kanäle zwischen den Mit-
gliedern eines sozialen Systems verbreitet wird. Dabei regt die Innovationsdiffusion
sozialen Wandel an, da sie existierende Strukturen und Funktionen sozialer, politi-
scher oder technischer Systeme verändert. Die Diffusionstheorie versucht dement-
sprechend zu erklären, wie, warum und mit welcher Rate sich Innovationen verbrei-
ten. Diffusion wird so zu einer abgrenzbaren Gruppe von Kausalfaktoren, die natio-
nalen Wandel und internationale Politikkonvergenz vorantreiben. Sowohl Rogers
([1962] 1995) als auch Walker (1969) und Gray (1973) sind daher an der Erklärung
bestimmter Übernahmesequenzen von Innovationen interessiert und identifizieren
spezifische Übernahmemuster und Ausbreitungskurven von Innovationen. Auch ak-
tuellere Studien, wie z.B. die von Kern (2000) zur Diffusion umweltpolitischer Inno-
vationen in den USA; die von Tews et al. (2003) zur Diffusion marktbasierter bzw.
freiwilliger umweltpolitischer Instrumente in der EU; oder die von Rave (2016) zur
deutschen Energiewende, untersuchen, wie und warum sich (politische) Innovationen
in bestimmten Räumen verbreiten.
Eine Wiederbelebung erfuhr die Diffusionstheorie mit der Etablierung der Poli-
tiktransferforschung als eigenständige Disziplin der vergleichenden Politikwissen-
schaften in den 1990er Jahren. Ausgehend vom Phänomen der Politikkonvergenz –
also der zu beobachtenden internationalen Angleichung politischer Institutionen und
Maßnahmen – zielt die Politiktransferforschung darauf ab, Prozesse des Politikwan-
dels, der durch Beispiele und Ideen aus anderen Orten und Politiksphären herbeige-
führt wird, zu verstehen. Laut der vielzitierten Definition von Dolowitz und Marsh
(1996) ist unter Politiktransfer ein Prozess zu verstehen, durch den Wissen über Po-
litiken, administrative Arrangements, Institutionen und Ideen aus einem (vergange-
nen oder aktuellen) politischen System für die Entwicklung von Politiken, administ-
rativen Arrangements, Institutionen und Ideen in einem anderen politischen System
genutzt wird. In umfangreichen qualitativen Fallstudien wird zumeist ein bestimmtes
politisches Programm untersucht, das von einem Land in ein anderes übertragen wird.
Der Fokus liegt daher mehrheitlich auf der nationalstaatlichen Ebene (Wolman 1992;
Dolowitz 1997; Holzinger et al. 2007). Politiktransferstudien beleuchten im Zuge
dessen insbesondere Inhalt und Entscheidungsprozesse von Politiktransfers, indem
sie sich mit den Akteuren des Transfers (wie z.B. Politikern und politischen Parteien,
Verwaltungsangestellten und Beamten, Interessenverbänden und Lobbygruppen, po-
litischen Beratern und Experten sowie supranationalen Institutionen) befassen; die
Gründe für den Transfer (dabei insbesondere, ob er freiwillig oder zwanghaft ist)
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315