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Die Kunst, den Klimawandel zu regieren | 117
sungen und einem Interview mit Foucault enthält.1 Eine breitere Rezeption und Wei-
terentwicklung des Konzepts findet daher erst seit den frühen 1990er Jahren durch
Autoren wie Miller und Rose (1990; Rose und Miller 1992), Lemke (1997; Lemke et
al. 2012) sowie Dean (1999) statt. Aufgrund der zwanzigjährigen Geschichte von
Gouvernementalitätsstudien sowie inzwischen zahlreichen und umfangreichen Ein-
führungen in die Thematik sowohl auf Englisch als auch auf Deutsch möchte ich an
dieser Stelle auf eine tiefergehende Explikation des Gouvernementalitätsbegriffs ver-
zichten und stattdessen auf einführende Werke, wie die bereits erwähnten von
Burchell et al. (1991), Lemke (1997) und Dean (1999), verweisen. Dies begründet
sich auch darin, dass ich zwar Erkenntnisse und Begrifflichkeiten des Gouvernemen-
talitätskonzepts für meine Arbeit nutzbar mache, ohne jedoch das sehr umfassende
theoretische Konstrukt und den Kernbegriff selbst zu verwenden. Stattdessen setze
ich Gouvernementalität und ihre begrifflichen Instrumentarien als Analyseperspek-
tive ein (siehe Abschnitt #Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“).
Für zentral erachte ich an dieser Stelle allerdings, dass sowohl Foucault selbst als
auch nachfolgende Vertreter der Gouvernementalitätsstudien den Begriff teilweise
recht unterschiedlich einsetzen, was einen Überblick über die verschiedenen Nutzun-
gen erfordert. Dabei lassen sich im Wesentlichen drei verschiedene Verwendungen
des Gouvernementalitätsbegriffs ausmachen:
1. In seinen Vorlesungen 1978-1979 entwickelte Foucault mit Gouvernementa-
lität zunächst einen Begriff, der es ihm erlaubte, die Entwicklung westlicher
Gesellschaften seit dem 16. Jahrhundert historisch-empirisch zu beschreiben,
indem er den Unterschied zu den früher vorherrschenden Formen der souve-
ränen und disziplinarischen Macht hervorhob. In seinen Ausführungen zeigt
Foucault (2012), wie der Staat zunehmend auf Regierungstechniken statt auf
Herrschafts- bzw. Disziplinierungstechniken angewiesen war und sich ein
„moderner“ Verwaltungsstaat herausbildete, wie wir ihn heute kennen:
„Schließlich glaube ich, dass man unter Gouvernementalität den Vorgang o-
der eher das Ergebnis des Vorgangs verstehen sollte, durch den der Gerech-
tigkeitsstaat des Mittelalters, der im 15. und 16. Jahrhundert zum Verwal-
tungsstaat geworden ist, sich Schritt für Schritt ‚gouvernementalisiert‘ hat.“
(Foucault 2012: 65)
1 Wiederum erst über zehn Jahre später folgte die Veröffentlichung und Systematisierung
von Foucaults Vorlesungsskripten mithilfe von Audioaufnahmen und deren Übersetzung
ins Englische (Foucault et al. 2007; Foucault und Senellart 2008).
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315