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122 | Kommunen im Klimawandel
„We must cease once and for all to describe the effects of power in negative terms: it ‚excludes‘,
it ‚represses‘, it ‚censors‘, it ‚abstracts‘, it ‚masks‘, it ‚conceals‘. In fact, power produces; it
produces reality; it produces domains of objects and rituals of truth. The individual and the
knowledge that may be gained of him belong to this production.“ (Foucault 1995: 194)
Macht und Wissen sind für Foucault somit nicht das Gleiche; er interessiert sich
vielmehr für die komplexen Beziehungen zwischen den beiden Elementen: „[…]
power and knowledge directly imply one another; that there is no power relation
without the correlative constitution of a field of knowledge, nor any knowledge that
does not presuppose and constitute at the same time power relations“ (Foucault 1995:
27). Machtmechanismen wie z.B. Evaluierung, Monitoring und Controlling oder
klassische Personenkontrolle und Überwachung bringen neues, detaillierteres Wissen
hervor, das wiederum dazu genutzt wird, die Wirksamkeit der Machtmechanismen
zu steigern oder neue Kontrollmöglichkeiten zu schaffen.
Im selben Abschnitt spricht Foucault deshalb auch von „power-knowledge rela-
tions“ [pouvoir-savoir], die im Deutschen auch als Macht-Wissen-Komplexe bezeich-
net werden. Die Fähigkeit, Wissen über die zu regierende Umwelt zu produzieren,
muss daher als Schlüssel zur Definierung der geeigneten Managementmechanismen
angesehen werden. CO2-Bilanzen, Klimaszenarien und auch Best Practice-Beispiele
tragen zur Etablierung eben solcher Macht-Wissen-Komplexe bei, deren Charakte-
ristika gemessen, bewertet, evaluiert und verwaltet werden können. Das Klima zu
regieren ist also eng gekoppelt an die Konstruktion bestimmter Klima-Wahrheiten
(vgl. Kapitel #Klimawandel als Politikproblem) und deren Verbreitung durch be-
stimmte Techniken, Methoden, Praktiken und Diskurse, an der eine Vielzahl an Akt-
euren und Institutionen beteiligt sind. Betrachtet man die Überlegungen zu Gouver-
nementalität, Regierung, Macht und Wissen zusammen, so handelt es sich bei der
gouvernementalen Regierungsweise um eine subtile Form der Macht, die inhärent
mit der Konstruktion von Wissen verbunden ist.
Um Visionen, Strategien und Konzepte zur Gestaltung kommunaler Wirklichkei-
ten entwickeln zu können, sind die kommunalen Akteure auf Wissen, das durch In-
strumente wie Karten, Statistiken, Modelle oder eben Best Practices generiert wird,
angewiesen. Daraus ist für mein Forschungsinteresse – dem kommunalen Klima-
schutz und der Rolle von Best Practices – zu schlussfolgern, dass das städtische bzw.
lokale Klima keine fixe Entität ist, die auf eine objektive Beschreibung wartet, son-
dern dass diese erst durch das Zusammenspiel von Wissen und Macht als ein ver-
ständliches und regierbares Phänomen konstruiert wird. Wissensformen wie Best
Practices sollten daher nicht als neutrale „Shortcuts“ kommunaler Realität missver-
standen werden. Stattdessen muss berücksichtigt werden, dass es sich immer nur um
selektive und auch machtvolle Interpretationen dieser Realität handelt. Verschiedene
analytische Wissensformen, von denen Best Practices nur eine mögliche Darstel-
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315